Daniel Leupi
Wenn ich unter der Woche zu wenig Bewegung hatte und das Wetter stimmt, mache ich am Wochenende eine kleine Velotour von Wollishofen über Buchenegg, Reppischtal, Albispass und Sihltal wieder nach Hause. So auch jüngst: Ich kämpfte mich nach dem Ortszentrum von Langnau die erste Steigung hoch. Vor mir auf dem Velostreifen eine Frau mit Velo und Kinderanhänger und mit etwas Abstand auf dem Trottoir ein etwa siebenjähriges Kind auf seinem Rad. Ich staunte, wie weit die Mutter das Kind hinter sich liess – ohne zurückzuschauen. Ich staunte aber auch, wie tapfer das Mädchen das Tempo hielt und nicht zurückfiel. Wir näherten uns der Einmündung einer Quartierstrasse, als die Mutter doch zurückschaute. In dem Moment bog die Kleine vom Trottoir nach rechts auf einen schmalen Pfad ab, der zu einem Hauseingang führte. Ahhh, dachte ich, klar, die Mutter fährt mit Velo und breitem Anhänger auf der Strasse rund ums Haus und das Kind nimmt die Abkürzung und beide treffen sich vor der Türe.
Doch weit gefehlt: Die Frau fuhr nicht zum Haus, sondern drehte nach links.
Sie hatte gar nicht nach dem Kind geschaut, sondern ob von hinten ein Auto kommt, weil sie auf die andere Seite abbiegen wollte. Die zwei waren gar nicht Mutter und Tochter, wie ich mir das eingebildet hatte. Die Kleine war allein unterwegs und überhaupt nicht gestresst.
Mich hat es wieder einmal gelehrt, dass die Dinge ganz anders sein können, als wir sie einschätzen. Frei nach Wilhelm Busch: Erstens ist es anders, und zweitens, als man denkt.
PS: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Regierungs- und Bundesrat Sans Papiers regularisieren sollten.
Stadtrat Daniel Leupi, Finanzdepartement