Andreas Hauri
Die Adventszeit verleiht Zürich eine besondere Atmosphäre: Die Strassen leuchten, viele Menschen verbringen Zeit mit Familie und Freund*innen. Doch nicht alle erleben diese Gemeinschaft. Manche Menschen in Zürich haben keinen festen Wohnsitz, kämpfen mit gesundheitlichen Herausforderungen oder sind von Armut betroffen. Für sie ist die kalte Jahreszeit besonders hart – gerade dann, wenn andere in die Wärme ihrer Wohnungen zurückkehren.Ich war dieses Jahr bei der Obdachlosenweihnacht des Sozialwerks Pfarrer Sieber. Seit 20 Jahren bietet diese Veranstaltung einen besonderen Ort der Begegnung. Rund 600 Menschen kamen ins Hotel Marriott. Für einen Nachmittag wurden Einsamkeit und Anonymität durch Begegnung abgelöst. Es wurde gegessen, geredet und gelacht – mit Buffet, Musik und Gesprächen auf Augenhöhe. Ein Moment hat sich mir besonders eingeprägt: Ein Mann erzählte mir seine Lebensgeschichte. Keine Klage, sondern eine Erzählung voller Klarheit. Er sprach von Herausforderungen, von Momenten der Einsamkeit – aber auch davon, wie gut es tut, ein warmes Essen zu geniessen. Dieses Gespräch hat mich bewegt. Es hat mir gezeigt, wie viel eine einfache Einladung an den Tisch bedeuten kann. Solche Begegnungen bleiben. Sie machen deutlich, dass oft die kleinen Gesten den Unterschied ausmachen. Als Stadt schaffen wir Angebote, die Menschen in schwierigen Lebenslagen stützen – von Notschlafstellen bis hin zu Beratungsdiensten. Aber an diesem Tag wurde mir klar: Neben all den Strukturen braucht es auch das, was nicht in Konzepten steht. Es braucht Zeit, Aufmerksamkeit und Empathie. Manchmal genügt ein Moment des Zuhörens, eine Einladung an den Tisch oder ein einfaches «Wie geht es dir?» Vielleicht können wir in den kommenden Tagen solche Lichtblicke noch häufiger schaffen – durch Zeit, Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, hinzusehen. Eine warme Geste, eine kleine Begegnung kann oft schon ausreichen, um eine Veränderung anzustossen. Begegnungen schaffen Lichtblicke. Gerade in der kalten Jahreszeit brauchen wir beides. Ich wünsche allen Zürcher*innen eine besinnliche Adventszeit.
Stadtrat, Andreas Hauri, Gesundheits- und Umweltdepartement