Der Mann hinter den Hits
Der Zürcher Produzent Sergio Fertitta hat Hits für Bligg, Coolio und viele mehr geschaffen. Jetzt überrascht das Musikgenie mit seinem eigenen Album «Unpredictable». - Von H. Elias Fröhlich
Der Altstetter Sergio Fertitta mit einem Teil der Gold- und Platinplatten, bei welchen er seine Finger im Spiel hatte. PD
Der Zürcher Produzent Sergio Fertitta hat Hits für Bligg, Coolio und viele mehr geschaffen. Jetzt überrascht das Musikgenie mit seinem eigenen Album «Unpredictable». - Von H. Elias Fröhlich
Der Zürcher Hit-Produzent Sergio Fertitta (sein Künstlername schreibt sich SerGIO) ist allenfalls das bestgehütete Geheimnis der Schweizer Musikszene. Vor allem im Verhältnis zu dem, was er alles geschaffen hat und wo er überall seine Produzenten-Finger im Spiel hatte. Nach vielen Jahren stillen und teils auch einsamen Schaffens im eigenen Tonstudio veröffentlicht der Altstetter nun sein eigenes Album «Unpredictable», zu Deutsch «Unberechenbar».
«Ich war stets erfolgreich mit vielen Projekten, die man an mich herangetragen hat. Ob als Produzent, als Komponist oder Texter und auch als Berater für Künstler – meine Bandbreite ist gross und vielfältig», das sagt Sergio Fertitta nicht ohne Stolz. Dass er es soweit brachte, ist im Haifisch-Becken Showgeschäft und auch im noch spezielleren Musik-Business nicht selbstverständlich. Sergio’s Vater war 1963 aus Sizilien in die Schweiz eingewandet, verliebte sich in die Schweizerin Vera, und aus der Ehe stammen zwei Söhne und eine Tochter.
Um die Fülle und die Vielseitigkeit seines Schaffens Revue passieren zu lassen, dazu reichen zunächst ein paar Schweizer Namen, die aufhorchen lassen. Namen wie Bligg (Doppelplatin für das Album «Service Publigg»), Baschi, Nicole Bernegger (den Gewinner-Song von «Voice Of Switzerland», geschrieben zusammen mit Bligg und Stress), die erste Schweizer Girlband Tears (von 0 auf die Nummer 1, und das erstmals in der Schweizer Musikgeschichte), HR Giger (Fertitta komponierte die Musik für dessen Museum in Gruyères), Dieter Meier von der Gruppe Yello und viele mehr.
Dass er plötzlich auch bei den Grössten des internationalen HipHop-Geschäfts zum Thema wurde, verdankt er unter anderem Hip-Hop-Star Coolio. In Wallisellen hatte Fertitta in seinen Studios die Basis gelegt, die von den Weltstars ennet des grossen Teichs aufgeschnappt wurden. Fertitta: «Rapper Coolio, dessen <Gangstas Paradise> ein Welthit war, hörte zufällig einen meiner Songs und fragte, wer denn dies produziert habe. RTL gab meinen Namen durch. Ein Tag später kam die Anfrage, ob ich auch Hip-Hop-Songs habe und nicht nur Pop-R&B?» Natürlich konnte der Zürcher liefern, «und zwei Tage später stand Coolio in meinem Studio. Da er schon lange etwas mit Superstar Snoop Dogg machen wollte und den beiden einer meiner Tracks gefiel, kam es zur Zusammenarbeit des bekannten Songs <Gangsta Walk>». Der langen Rede kurzer Sinn: Coolio verkaufte mit seinem Album «Return Of The Gangsta» (inklusive sechs von Fertittas Songs) über 500 000 Einheiten. «Das hat finanziell gut eingeschenkt», freut sich der Zürcher Produzent noch heute. Auch an die Zusammenarbeit in seinem Studio mit Michael-Jackson-Bruder Jermaine Jackson, der durch einen Remix von Fertitta auf ihn aufmerksam wurde, erinnert er sich gerne.
Um seinen Horizont zu erweitern, war Sergio Fertitta für sechs Jahre in die Showbiz-Hauptstadt L.A. ausgewandert. Heute kann er auf Arbeiten von internationalen Künstlern wie Frank Ocean oder Michel’le zurückschauen und das Glück grosser Zufälle zu seinem eigenen Vorteil nutzen. Es muss einerseits zwar Schicksal, anderseits aber vor allem auch das musikalische «Know-how» gewesen sein, das Fertitta zu den grossen Namen verhalf.
Inzwischen in seinem neuen Studio in Zürich-Altstetten wieder in seiner Heimat gelandet, kümmert sich Sergio Fertitta um seine neuen Künstler, sein Label Different Swing Records sowie um das Marketing und die Verkäufe seines neuen Albums auf gelbem Vinyl: «Unpredictable». Ja, der Mann kann neben seinem goldenen Produzentenhändchen auch sehr gut singen. Seine Fähigkeiten baut Fertitta immer weiter aus – und zwar auch in Comic-Büchern. Das Thema: Ein Superheld namens Sir Gio schiesst mit Musiknoten gegen das Böse und wird von der Queen zum Ritter geschlagen. Die Bücher und die Musik dazu hat Fertitta schon vor Jahren an der Fantasy Basel dem Comic-Publikum bekannt gemacht.
Fertittas Appetit auf mehr hat im Laufe der Zeit immer wieder neue Nahrung erhalten. Sein nächstes Projekt: ein ganzer Spielfilm, der nächstes Jahr erscheinen soll. Titel: «Do Re Mi Fa So lauft’s» – er ist gerade fertiggestellt worden. Natürlich alles selbst finanziert. «Auf YouTube kann man mein erstes Werk dieser Art bereits sehen: ‹Code Different›. Dieser Kunst-Musik-Kurzfilm mit Beat Schlatter, Dieter Meier, Nina Burri und Pascal Ulli in den Hauptrollen ist definitiv seh- und hörenswert.»
Natürlich hatte in all seinen Schaffensjahren auch das Privatleben darunter leiden müssen. «Wenn man für eine Beziehung keine Zeit hat und sich nur noch im Tonstudio aufhält, kann man sehr schnell zum Einsiedler werden. Nicht aber Sergio; er hatte Glück. «Seit fünf Jahren bin ich jetzt glücklich in einer wunderbaren und soliden Beziehung.» Die Leidenschaft hat sich für Sergio Fertitta definitiv ausbezahlt. Seine Musik und die anderen jetzt fertiggestellten Projekte sind Lohn und Preis für die jahrelange Schufterei im Tonstudio.
Lade Fotos..