Ein Flugkünstler in Nöten
ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues und Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um Schwalbensittiche. - Von Severin Dressen
ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues und Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um Schwalbensittiche. - Von Severin Dressen
Mitte Dezember haben wir unsere neue Forschungsstation im Zoo eröffnet. Sie befindet sich über dem Aquarium und neben dem Terrarium. Vieles im Gebäude hat sich verändert, was jedoch geblieben ist, ist die Freifluganlage mit Regenwald. Es ist das neue Zuhause von acht teils stark bedrohten Vogelarten.
Mit der Eröffnung hat sich der Anteil gefährdeter Wirbeltierarten bei uns im Zoo auf mehr als 50 Prozent erhöht und er steigt weiter. Wir leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz – auch beim Schwalbensittich. Er gehört zu den Neuankömmlingen und seine Geschichte könnte dramatischer kaum sein. Der Schwalbensittich ist eine Papageienart aus Australien. Seinen Namen verdankt er seinen aussergewöhnlichen Flugkünsten. Flink und wendig, wie eine Schwalbe, bewegt er sich durch die Luft.
Aussergewöhnlich ist aber leider auch der rasante Rückgang der Population der Vogelart. Stand heute ist davon auszugehen, dass die Art innerhalb von drei Generationen, also in den kommenden 12-15 Jahren, ausgerottet sein wird. Die derzeit wohl grösste Bedrohung für den Papagei ist ein kleines Beuteltier, der Kurzkopfgleitbeutler. Für die ausgewachsenen Vögel stellt das Beuteltier keine Gefahr dar, für die Küken und Eier des Schwalbensittichs jedoch schon. Lange Zeit war dies kein Problem, weil der Schwalbensittich zur Brut vom australischen Festland in die Eukalyptuswäldern der Insel Tasmanien zieht – weit weg vom Kurzkopfgleitbeutler. Die Wälder stehen von Oktober bis Januar in voller Blüte und bieten durch ihren Nektar ausreichend Nahrung und ideale Bedingungen für die Aufzucht der Küken. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts jedoch brachten Siedler den Kurzkopfgleitbeutler vermutlich als Haustier auf die Insel – und das Drama nahm seinen Lauf. Nach und nach verwilderten einige Tiere und breiteten sich aus. Die Art gilt mittlerweile als invasiv.
Besonders schutzlos erweisen sich die Brutkolonien der Schwalbensittiche. Der Papagei brütet in Nisthöhlen alter Eukalyptusbäume. Nicht nur fallen diese zunehmend der Holzwirtschaft zum Opfer, die Eukalyptuswälder sind auch der bevorzugte Lebensraum des Kurzkopfgleitbeutlers. Neben süssen Baumsäften, die seine Hauptnahrung sind, braucht der Kleinsäuger auch proteinreiche Nahrung. Die gut zugänglichen und schutzlosen Gelege der Schwalbensittiche sind leichte Beute. Die Beuteltiere plündern die Nester, fressen die Eier und teilweise auch die Küken. Auch kommt es vor, dass sie den süssen Nektar von den Schnäbeln der Küken schlecken oder sogar deren Kropf durchbeissen, um an den bereits an die Küken verfütterten Nektar zu gelangen. Es gibt Brutplätze des Schwalbensittichs, an denen überlebt kein einziges Jungtier. Umso wichtiger ist die Haltung des Schwalbensittichs bei uns im Zoo. Der Mensch rottet aus, der Mensch kann aber auch bewahren – als moderner Zoo leisten wir dazu unseren Beitrag.
Weitere Infos: www.zoo.ch
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