Bereit für den Abflug
ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues und Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um die Auswilderung von Fledermäusen. - Von Severin Dressen
ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues und Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um die Auswilderung von Fledermäusen. - Von Severin Dressen
Aufgereiht, teils übereinandergestapelt und völlig unscheinbar stehen sie da, parat für den grossen Tag: 30 kleine, graue Boxen. Der Schreibtisch, auf dem die Boxen stehen, befindet sich im Bereich des Zoolinos, genauer gesagt in der Notpflegestation der Stiftung Fledermausschutz. Seit 27 Jahren hat diese ihren Sitz im Zoo Zürich. Jeden Winter päppelt unsere Naturschutzbotschafterin und Leiterin der Station, Katja Schönbächler, zusammen mit ihrem Team hier zahlreiche Fledermaus-Findlinge auf und sorgt dafür, dass sie den Winter gut überstehen. 80 Tiere von zehn unterschiedlichen Arten waren es diesen Winter – alle gefunden und abgegeben von der Schweizer Bevölkerung.
Die kleinen grauen und gut abgedunkelten Boxen dienen dabei als temporäre Transportbox. Ihr eigentliches Zuhause auf Zeit ist eine Klimakammer, die mit mehreren auf die spezifischen Bedürfnisse der Tiere ausgerichteten Zelten ausgestattet ist und per Wärmebildkamera im Livestream überwacht wird. Hier herrschen fledermausfreundliche 6° Celsius und 85 Prozent Luftfeuchtigkeit. Jetzt im Frühling, wenn die Tiere langsam aus dem Winterschlaf erwachen, wird es Zeit sie zurück in die Natur zu entlassen. Letzten Donnerstag war es soweit.
Bevor der grosse Schritt erfolgte, wurde jedoch noch ein letztes Mal ihr Gesundheitszustand kontrolliert. Durch den Winter hindurch passiert das alle vier Wochen. Dafür werden die Tiere kurz geweckt, begutachtet und gefüttert. Das ist nötig, weil alle Fledermäuse ein Problem hatten, als sie in die Notpflegestation kamen. Sie waren abgemagert, krank oder verletzt. Das passiert, wenn beispielsweise Katzen ein Winterquartier aufspüren, durch Haussanierungen oder Forstarbeiten plötzlich Schlafplätze freigelegt werden.
Das regelmässige Wecken stellt für die Tiere kein Problem dar. Auch in der Natur unterbrechen Fledermäuse ihren Schlaf immer wieder mit kurzen Wachphasen. Forschende vermuten, dass dies notwendig ist, damit die Tiere Wasser aufnehmen, sich an Temperaturveränderungen anpassen oder auch Ausscheidungen absetzen können. Das erledigen die Tiere übrigens in der Transportbox oder Klimakammer und nicht, wenn sie sich zur Fütterung in der Hand ihrer Pflegerin beziehungsweise ihres Pflegers befinden. Besonders viel Dreck wäre aber auch dann nicht zu befürchten – Fledermäuse sind äusserst klein. Gerade einmal zwischen 3 und 6 Zentimetern sind die 30 einheimischen Arten gross und zwischen 4 und 40 Gramm leicht. Alle bis auf sechs sind zudem gefährdet. Genau deshalb ist die Notpflegestation ein wichtiger Pfeiler im Artenschutz und eines der Naturschutzprojekte, die der Zoo Zürich unterstützt. Und so konnten dank der unermüdlichen Arbeit des Fledermausteams die allermeisten Findlinge letzte Woche gesund und fit und in Anwesenheit ihrer Finderinnen und Finder in die Abenddämmerung entlassen werden. Ich wünsche allen Fledermäusen einen guten Flug!
Weitere Infos: www.zoo.chwww.zoo.ch
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