Umzug vom Zürichberg in den Wienerwald
Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues und Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um die Wiederansiedlung von Habichtskäuzen. - Von Severin Dressen
Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues und Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um die Wiederansiedlung von Habichtskäuzen. - Von Severin Dressen
Immer um diese Jahreszeit, ungefähr Anfang Juli, steht bei uns im Zoo ein grosser und schöner Moment an. Es ist die Zeit, in der uns die jungen Habichtskäuze (auch Uralkäuze genannt) in Rich-tung Wiederansiedlungsprojekt in Österreich verlassen. Wie viele Tiere wir jeweils ins Projekt geben, hängt vom Zuchterfolg des Brutpaares ab. Der schwankt natürlicherweise stark von Jahr zu Jahr. Und so ist es dieses Jahr nur ein Jungtier, dass die grosse Reise antritt – im vergangenen Jahr waren es sechs, im Jahr davor vier Jungvögel.
Bevor es losgehen kann, stehen jeweils noch ein Gesundheitscheck und die Beringung an. Wichtig fürs spätere Monitoring, damit das Tier immer eindeutig zugeordnet werden kann. Gestern, sehr früh morgens, war es also soweit. Vom Zoo Zürich aus führte die Reise des jungen Habichtskauzes zunächst nach Altenrhein und von dort zusammen mit weiteren Jungvögeln aus anderen Zuchtprogrammen aus der Schweiz weiter nach Wien und schliesslich in die Wiederansiedlungsvoliere im Biosphärenpark Wienerwald. Dort werden die jungen Habichtskäuze zunächst noch einige Zeit lang gefüttert und können sich akklimatisieren. Etwa gegen Ende Juli, im Alter von circa 100 Tagen, sind sie dann parat, um in den Wald auszufliegen.
Ganz auf sich allein gestellt sind die Neuankömmlinge aber auch dann nicht. Das ortsansässige Habichtskauzpaar nimmt sich der Neuankömmlinge an. Gemeinsam mit den erfahrenen Altvögeln, die sie sozusagen kurzzeitig adoptieren, streifen die Jungvögel dann durch den Wald und lernen alles, was fürs Habichtskauzleben in der Wildnis wichtig ist. Erst im Spätherbst, wenn die Nächte kälter werden und der erste Frost einsetzt, beginnt für den inzwischen ausgewachsenen Habichtskauz-Nachwuchs der endgültige «Ernst des Lebens». Das ist nämlich der Moment, in dem die zwischenzeitliche Adoption endet und die Käuze selbstständig sein müssen. Die Revierbesitzer vertreiben dann alle – eigne wie adoptierte – Jungkäuze und verteidigen ihr Revier. Die Neuen begeben sich dann auf die Suche nach einem eigenen Revier.
Das Wiederansiedlungsprojekt der Österreichischen Vogelwarte und Vetmeduni Wien im Wienerwald wurde 2009 ins Leben gerufen. Etwa in der Mitte des 20. Jahrhunderts verschwand der Habichtskauz aus den österreichischen Wäldern. Ursächlich waren insbesondere der Lebensraumverlust und die Bejagung durch den Menschen. Die Rückkehr des Habichtskauzes ist eine Win-Win-Situation. Gut, nicht nur für den Habichtskauz, sondern auch für viele weitere Arten. Der Habichtskauz gilt als «Umbrella»-Art. Er bewohnt alte und grossflächige Mischwälder. Werden er und dieser Lebensraum geschützt, hilft dies zeitgleich auch vielen anderen Bewohnern des Ökosystems. Und so werden in den kommenden Jahren hoffentlich noch viele weitere junge Habichtskäuze von Zürich in den Wienerwald umziehen.
Weitere Informationen:www.zoo.ch
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