Zwischenstation der Hoffnung
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war der Hauptbahnhof Zürich auch eine Drehscheibe für Vertriebene auf ihrem Weg in eine neue Heimat. Ein Beispiel ist die Familie Finkelstein. Von Jan Strobel
Schienen in eine neue Zukunft: Der Hauptbahnhof Zürich, um 1950. Bild: Baugeschichtliches Archiv Zürich/Michael Wolgensinger
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war der Hauptbahnhof Zürich auch eine Drehscheibe für Vertriebene auf ihrem Weg in eine neue Heimat. Ein Beispiel ist die Familie Finkelstein. Von Jan Strobel
Der Hauptbahnhof Zürich war Ende der 1940er- und zu Beginn der 1950er-Jahre einerseits Ankunftsort unzähliger sogenannter «Gastarbeiter» aus dem Süden; andererseits galt Zürich als Zwischenstation auf der Reise der Hoffnung auf eine menschlichere Zukunft.
Am 29. November 1950 kamen auch Hirsch und Tamara Finkelstein mit ihrem zweijährigen Sohn Mosche mit dem Zug aus München am Hauptbahnhof an, um von dort aus die Reise nach Genua fortzusetzen. Ihr Endziel hiess New York, genauer, die 15 Park Row in Lower Manhattan.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatten die Finkelsteins, litauische Staatsbürger, jahrelang im «Resettlement Center» in München gelebt, das von der US-Armee und der Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der UN betrieben wurde. Hier kam auch Sohn Mosche zur Welt. In dieser Übergangsunterkunft wurden ehemalige Zwangsarbeiter untergebracht, die während des Zweiten Weltkriegs nach Deutschland verschleppt worden waren. Die Reise von München über Zürich bis nach New York wurde vom «United Service for New Americans» gesponsert, einer Organisation, die jüdische Flüchtlinge aus Europa unterstützte.
Über das Schicksal von Hirsch Finkelstein gibt die zentrale Datenbank des Holocaust-Gedenkzentrums Yad Vashem Auskunft. Finkelstein, geboren 1910 im litauischen Marijampole, arbeitete als Gerber und wurde nach dem Einmarsch der deutschen Truppen 1941 deportiert. Nachgewiesen ist sein Name als Inhaftierter im KZ Flossenbürg in Bayern, das am 23. April 1945 von der US-Armee befreit wurde.
Die Finkelsteins gingen am 11. Dezember 1950 in Genua an Bord des Transatlantik-Passagierschiffs Saturnia. Die Route führte über Neapel nach New York, wo die Familie am 23. Dezember eintraf.
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