Politik stärkt Vogelschutz
Das Zürcher Kantonsparlament macht im Kampf gegen verspiegelte Fassaden Ernst: Vögel sollen im Kanton Zürich durch das Baugesetz besser geschützt werden. - Von Isabella Seemann
Spiegelnde Scheiben können Vögeln zum Verhängnis werden. Bild: PD
Das Zürcher Kantonsparlament macht im Kampf gegen verspiegelte Fassaden Ernst: Vögel sollen im Kanton Zürich durch das Baugesetz besser geschützt werden. - Von Isabella Seemann
Glasfassaden sind für Vögel eine tödliche Falle. Sie können die durchsichtigen oder spiegelnden Flächen nicht als Hindernisse wahrnehmen und prallen im Flug oft dagegen. Besonders in städtischen Gebieten, wo immer mehr Glas in der Architektur verwendet wird, stellt dies ein wachsendes Problem dar. Schätzungen zufolge sterben in der Schweiz jährlich rund drei Millionen Vögel durch solche Kollisionen.
Am Montag hat der Zürcher Kantonsrat nun entschieden, diesen Vogelfallen mit einer Änderung des Planungs- und Baugesetzes (PBG) entgegenzutreten. Mit einer deutlichen Mehrheit von 147 zu 30 Stimmen stimmte das Parlament dafür, dass bei Neubauten künftig «gebührend Rücksicht auf den Vogelschutz zu nehmen» ist, so der Wortlaut der Gesetzesänderung. Diese soll sicherstellen, dass bei der Gestaltung von Fassaden transparente oder verspiegelte Glasflächen so gestaltet werden, dass sie für Vögel als Hindernisse sichtbar sind.
Der ursprüngliche Antrag der SP, auch bestehende Bauten in die Regelung aufzunehmen, wurde zurückgezogen. Eine schärfere Formulierung, die gefordert hätte, dass Vogelfallen nicht nur im Neubau vermieden, sondern auch bei Renovationen rückgebaut werden müssen, wäre vermutlich an den Bürgerlichen gescheitert. SP-Kantonsrätin Theres Agosti Monn, die die Initiative für die Gesetzesänderung im Jahr 2020 eingereicht hatte, zeigte sich aber bereit, den aktuellen Kompromiss zu akzeptieren, obwohl er nicht so weit ging, wie erhofft. «Lieber den Spatz in der Hand als die Taube im Glas», erklärte Agosti Monn in Anlehnung an ein Sprichwort. Es sei besser, den Vogelschutz jetzt in dieser Form im Gesetz zu verankern, als am Schluss gar nichts zu haben.
Für den Kompromiss sprach sich auch die SVP aus. Die FDP hingegen sah keinen Handlungsbedarf. Stephan Weber (Wetzikon), von Beruf Architekt, argumentierte, dass Bauten laut dem Planungs- und Baugesetz bereits heute keine Gefahr für Menschen oder Sachen darstellen dürfen, was seiner Meinung nach auch den Vogelschutz umfasse. «Die Baubehörden können den Vogelschutz schon jetzt bei der Erteilung der Baubewilligungen einfordern», erklärte der Freisinnige. Die Planer und Gebäudebesitzer seien bereits ausreichend sensibilisiert.
Trotz der Einschränkungen begrüssen Vogelschutzorganisationen wie Bird Life Zürich den Entscheid. Auch wenn der Schutz vorerst nur für Neubauten gilt, ist dies aus ihrer Sicht ein wichtiger Fortschritt. Theres Agosti, die auch Vorstandsmitglied von Bird Life Zürich ist, wies darauf hin, dass das Problembewusstsein vieler Bauherren noch nicht ausgeprägt sei. Selbst an öffentlichen Bauten wie dem Kantonsspital Winterthur würden weiterhin gefährliche Glasfassaden installiert.
Fensterscheiben und Fassaden seien eine grosse Gefahr für Vögel, das attestierte auch der grüne Zürcher Baudirektor Martin Neukom. Er gab jedoch zu bedenken, dass das neue Vogelschutzgesetz für Bauherrschaften und Behörden viel Mehraufwand bedeute.
Der Regierungsrat lehnt die Vorlage, die jetzt in die kantonsrätliche Redaktionskommission geht, deshalb ab. In voraussichtlich vier Wochen wird das Parlament den Vogelschutz in zweiter Lesung dann definitiv im Gesetz verankern. Damit könnten die Kollisionen von Vögeln mit Glasflächen in Neubauten deutlich reduziert werden – ein Schritt, der langfristig Tausende Vogelleben retten könnte.
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