Anton Voronin (Klinik für Radio-Onkologie), Katharina Reichel (Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie) und Cédric Poyet vor einem Linearbeschleuniger (Gerät für Hochpräzisionsbestrahlung) im Stadtspital Zürich. Bild: SB
05.11.2024 17:35
Individueller Erfolg dank gemeinsamem Austausch
TUMORMEDIZIN Ein Tumor-Board aus Fachpersonen sucht im Stadtspital Zürich nach dem jeweils bestenLösungsweg bei der Krebsbehandlung eines Patienten – auch und gerade bei Prostatakarzinomen. - Von Sacha Beuth
Bei der Behandlung von Krebserkrankungen ist es oft so, dass nicht eine einzelne Behandlungsform allein genügt. In der Regel sind darum mehrere Fachbereiche und Tumorspezialisten bei der Betreuung eines Krebspatienten involviert. Damit sich diese austauschen und den jeweils individuell besten Lösungsweg für einen Patienten erarbeiten können, gibt es im Stadtspital Zürich das Tumor-Board.
Je älter, desto anfälliger
Für Katharina Reichel, Oberärztin an der Klinik für medizinische Onkologie und Hämatologie, Cédric Poyet, Leitender Arzt an der Klinik für Urologie, und Anton Voronin, Oberarzt m. e. V. an der Klinik für Radio-Onkologie am Stadtspital Zürich, macht die Teilnahme an einem solchen Board einen wesentlichen Teil ihrer Arbeit aus. Insbesondere, wenn es um Prostatakarzinom-Fälle geht (siehe Box unten). Diese Erkrankung zählt bei Männern in den westlichen Industrieländern zu den häufigsten bösartigen Tumorformen und tritt ab einem Alter von 50 Jahren gehäuft auf. «Ein Prostatakarzinom entsteht bei unkontrollierter Zellvermehrung. Je älter man wird, desto wahrscheinlicher wird die Entstehung», erklärt Reichel. Zwar gäbe es Studien, die darauf hinweisen, dass man mit einem gesunden Lebenswandel – namentlich pflanzenreicher Kost – dieses Risiko etwas reduzieren kann, weiss Poyet. «Eine Garantie ist es aber nicht.» Ein weiteres erhöhtes Risiko besteht laut Voronin, wenn bereits der Vater oder der Bruder an Prostatakrebs erkrankten. «Den Ursprung eines Prostatakarzinoms zu entdecken, ist leider nicht so einfach. Die vielen Möglichkeiten machen die Ursachenforschung fast unmöglich. Erst eine Gewebeprobe, welche unter dem Mikroskop untersucht wird, kann die definitive Diagnose eines Prostatakarzinoms bestätigen», erklärt Poyet. «Selbst nach einem PSA-Bluttest mit leicht erhöhten Werten kann man noch nicht sicher sein, ob es sich um ein Karzinom oder doch nur um einen gutartigen Tumor handelt», erklärt Poyet.
Bei den meisten Fällen, welche das Board im Triemli bearbeitet, ist die Krebs-Diagnose allerdings schon sicher. «Unsere Arbeit setzt ein, nachdem die Diagnose und Vorabklärungen wie etwa Magnetresonanztomografie erstellt wurden», sagt Reichel. Das Board bilden immer mindestens ein Medizinischer Onkologe (Facharzt für medikamentöse Krebstherapie), ein Urologe (Facharzt für harnbildende und harnableitende Organe), ein Radio-Onkologe (Facharzt für Strahlen-Therapie), ein Radiologe (Facharzt für medizinische Bildgebung), ein Nuklearmediziner (verantwortlich für Bildgebung und Therapie mit radioaktiven Substanzen) und ein Pathologe (Facharzt für Gewebeproben) sowie Assistenten aus diesen Fachgebieten. «Der behandelnde Arzt stellt als Erstes seinen Patienten vor, wozu beispielsweise Alter, sonstige medizinische Probleme und Begleiterkrankungen gehören», erklärt Poyet. «Dann stellt jede Fachperson die Daten aus ihrem Bereich vor. Alles kommt auf den Tisch.» Anhand dieser Fakten wird nun diskutiert und – unter Berücksichtigung internationaler Vorgaben – ein Vorschlag für die künftigen weiteren Schritte ausgearbeitet. Diesen Vorschlag stellt anschliessend der behandelnde Arzt seinem Patienten vor, der dann selbst entscheidet, ob er der Empfehlung folgen will oder nicht.
«Die Besprechung der Fälle pro Board einmal wöchentlich ist zeitintensiv und kann bis zwei Stunden dauern. Es wäre durchaus manchmal möglich, klare Fälle schneller und mit weniger Ressourcen zu besprechen», gibt Poyet zu. «Insgesamt aber lohnt sich der Aufwand. Wir reduzieren die Möglichkeit, dass wichtige Behandlungskomponenten übersehen werden, und erhöhen somit die Erfolgsaussichten eines jeden Patienten. Zudem hat es den angenehmen Nebeneffekt, dass durch die Teilnahme der Assistenzärzte das Board einen hohen Wert bei der Fortbildung von Nachwuchskräften hat.»
Stadtspital Zürich
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