Hoffnung bei Lungenkrebs
TUMORMEDIZIN Lungenkrebs gehört zu den häufigsten Tumorarten. Mit den grossen Fortschritten in der Behandlung, auch bei der Thoraxchirurgie, haben sich die Aussichten heute stark verbessert. - Von Isabella Seemann
Thoraxchirurg Giovanni L. Carboni erklärt anhand von CT-Bildern die Lage eines Lungentumors. Bild: Stadtspital Zürich
TUMORMEDIZIN Lungenkrebs gehört zu den häufigsten Tumorarten. Mit den grossen Fortschritten in der Behandlung, auch bei der Thoraxchirurgie, haben sich die Aussichten heute stark verbessert. - Von Isabella Seemann
Die dritthäufigste Krebsdiagnose in der Schweiz lautet: «Bronchialkarzinom». Jährlich erkranken etwa 4900 Menschen daran, Männer häufiger als Frauen. Hauptursache ist Tabakkonsum, aber auch Luftverschmutzung und Strahlung oder genetische Veranlagungen können Auslöser sein. Betroffen sind überwiegend ältere Menschen – das Durchschnittsalter liegt bei 70 Jahren. Einst galt Lungenkrebs nahezu als Todesurteil – wie ist die Situation heute?
«Lungenkrebs gehört weiterhin zu den aggressivsten Tumorerkrankungen», sagt PD Dr. Giovanni L. Carboni, Chefarzt Thoraxchirurgie am Stadtspital Zürich. Jährlich sterben in der Schweiz rund 3000 Menschen daran. «Aufgrund der Häufigkeit gehört Lungenkrebs aber auch zu den am besten erforschten Tumorarten, und die Therapie hat erhebliche Fortschritte gemacht.» Noch heute wird Lungenkrebs jedoch erst spät erkannt. Verbesserte Verfahren zur Früherkennung wie das Lungenkrebs-Screening bei Menschen mit hohem Risiko ermöglichen es, Tumoren in frühen Stadien zu entdecken und erfolgreich zu behandeln.
Höhere Heilungschancen
Auch in der Bildgebung für die Diagnostik hat sich viel getan: Hochauflösende Computertomografie, Nuklearmedizinische Diagnostik, wie das PET-CT, sowie Möglichkeiten in der besseren 3D-Visualisierung ermöglichen die genauere Bestimmung, wie fortgeschritten der Tumor ist, und vereinfachen die Planung des chirurgischen Eingriffs. Moderne medizinische Techniken und spezialisierte Thoraxchirurgie verbessern die Überlebenschancen mit geringerem Komplikationsrisiko während der Behandlung. Überlebten vor zehn Jahren über alle Tumorstadien nur etwa 17 Prozent der Lungenkrebspatienten, so liegt dieser Anteil heute bereits bei rund 28 Prozent. Die Heilungschance in Frühstadien ist viel höher und liegt meist über 80 Prozent. Die Thoraxchirurgie des Stadtspitals Zürich unter der Leitung von Giovanni L. Carboni zählt zu den führenden Einrichtungen für eine umfassende und fortschrittliche Behandlung von Lungenkrebs. «Heute sind wir in der Lage, Eingriffe durchzuführen, die vor wenigen Jahren kaum denkbar gewesen wären», erklärt der erfahrene Chirurg. Ein entscheidender Fortschritt in der Thoraxchirurgie ist die Entwicklung minimalinvasiver Operationsmethoden wie der Video-assistierten Thorakoskopie (VATS). Diese «Schlüsselloch»-Technik ermöglicht es, Eingriffe über kleinste Schnitte durchzuführen, statt den Brustkorb zu öffnen. Musste früher oft ein ganzer Lungenlappen entfernt werden, können heute vergleichbare Ergebnisse durch Teilentfernungen erzielt werden. Der Vorteil: Die Genesungszeit verkürzt sich oft um die Hälfte.
Rückfälle früh erkennen
Die Entscheidung, zu welcher Behandlung es kommt, hängt von mehreren Faktoren ab – darunter der Tumortyp, das Stadium, die Ausdehnung und Lage des Tumors sowie der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten. Im Stadtspital Zürich wird jeder Fall im Tumorboard besprochen: Thoraxchirurgen, Onkologen, Strahlentherapeuten und Pneumologen legen gemeinsam die optimale Therapie fest. «Für jeden Patienten erarbeiten wir einen individuell zugeschnittenen Therapieplan», betont Carboni. Befällt der Tumor auch Lymphknoten, wird eine Operation durch Chemotherapie und /oder Immuntherapie ergänzt, um verbleibende Krebszellen zu bekämpfen. Manchmal kommt für Patienten keine Operation in Frage und lokal kann der Tumor mittels Strahlentherapie behandelt werden. Die meisten Patienten mit hohem Rückfallrisiko bekommen im Anschluss oder vor der Operation systemische Therapien wie Chemo- und / oder Immuntherapie oder zielgerichtete Therapie bei bestimmten molekularen Veränderungen des Tumors. Die Prognose für Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs hat sich erheblich verbessert. Ein wichtiger Fokus der Thoraxchirurgie im Stadtspital Zürich liegt zudem auf der umfassenden Betreuung und Nachsorge der Patienten. Regelmässige Kontrolluntersuchungen mit bildgebenden Verfahren überprüfen den Heilungsverlauf und helfen, mögliche Rückfälle oder Zweittumoren frühzeitig zu erkennen, sodass bei Bedarf sofort neue Therapiemassnahmen eingeleitet werden können. Chefarzt Carboni betont die Bedeutung der Kommunikation: «Eine enge Zusammenarbeit und ein kontinuierlicher Austausch mit den Patienten und den mitbetreuenden ärztlichen Kollegen sind für uns unerlässlich, damit sich die Patienten gut begleitet fühlen und jederzeit etwaige Bedenken und Unsicherheiten ansprechen können.»
Die Forschung arbeitet intensiv daran, die Prognose für Lungenkrebspatienten weiter zu verbessern. Personalisierte Therapien, die präzise auf die genetischen und molekularen Eigenschaften eines Tumors abgestimmt sind und ihn «unter Kontrolle» halten, spielen dabei eine wichtig werdende Rolle. «In Zukunft könnte Lungenkrebs für viele Betroffene mit fortgeschrittenen Tumoren zu einer chronischen Erkrankung werden, mit der man leben kann, auch wenn sie nicht komplett besiegt ist», erklärt Carboni. «Der Kampf gegen Lungenkrebs ist zwar noch nicht gewonnen, aber wir machen bedeutende Fortschritte.»
Stadtspital Zürich
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