Schrebergarten der Politik
Budgetdebatte: Während die Bürgerlichen im Gemeinderat die Stadt im «finanzpolitischen Rausch» wähnen, sprach die links-grüne Mehrheit fleissig weitere Ausgaben gut. Auch gegen den Willen des Stadtrats. JS
In der Budgetdebatte zeigte sich die links-grüne Mehrheit im Gemeinderat mehrheitlich geschlossen. Bild: Screenshot / PD
Budgetdebatte: Während die Bürgerlichen im Gemeinderat die Stadt im «finanzpolitischen Rausch» wähnen, sprach die links-grüne Mehrheit fleissig weitere Ausgaben gut. Auch gegen den Willen des Stadtrats. JS
Zum Auftakt der Budgetdebatte, die letzten Mittwoch im Gemeinderat eingeläutet wurde und bereits am Donnerstag endete, avancierte Stadtrat und Finanzvorsteher Daniel Leupi zum Schrebergärtner. Jedes Pflänzchen brauche ein bisschen Dünger, ein bisschen Wasser, und dort, wo das Wachstum nicht wie gewünscht vonstattengehe, sei etwas Unterstützung vonnöten, so Leupi. Kurz: Der wachsende städtische Garten braucht einen umsichtigen Gärtner. Der Gemeinderat schickte sich an, diese Rolle mit Verve und ruhiger Hand zu übernehmen – und bedachte manche Pflänzchen dabei mit besonders viel Dünger.
Am Ende winkte der Gemeinderat die Budgetvorlage des Stadtrats durch. Budgetiert hatte der Stadtrat für das Jahr 2025 Ausgaben von rund 11 Milliarden Franken. Das Stadtparlament schraubte immerhin am Minus und verbesserte es um 39,2 Millionen Franken von ursprünglich 244,7 auf 205,5 Millionen Franken. Erneut lief das bürgerliche Lager mit der Forderung nach einer Senkung des Steuerfusses klar auf. Er bleibt 2025 bei 119 Prozent. Die FDP hatte eine Senkung um 3 Prozent gefordert, die SVP um 8 Prozent.
Der links-grün dominierte Gemeinderat setzte sich auch bei den zahlreich zu behandelnden Anträgen klar durch und «überholte» bei manchen Posten «sogar den Stadtrat von links», wie es SVP-Gemeinderat Stefan Urech während der Debatte ausdrückte. Eine Mehrheit des Parlaments sprach mitunter auch Geld, das der Stadtrat eigentlich gar nicht wollte. So folgte der Gemeinderat dem Vorstoss von SP, AL und Grünen und erhöhte die städtischen Mittel für Liegenschaftenkäufe um 100 Millionen Franken. Der Stadtrat hatte dafür eigentlich 500 Millionen Franken im Budget vorgesehen, jetzt stehen ihm neu 600 Millionen Franken zur Verfügung. Der spendable «Zustupf» unterlag auch dem «Sugus-Effekt». Die Proteste rund um die Leerkündigungen in den «Sugus-Häusern» hatte die Stadt auf den Plan gerufen. Sie brachte einen möglichen Kauf der betroffenen Liegenschaften ins Spiel («Tagblatt» vom 11.12.). Die FDP kritisierte die Aufstockung. Wer zahlbare Wohnungen wolle, müsse sie bauen – Liegenschaftenkäufe durch die Stadt würden keine zusätzlichen Wohnungen schaffen, monierte der freisinnige Gemeinderat Hans Dellenbach.
Weniger spendabel zeigte sich eine Mehrheit im Stadtparlament indessen bei der Stadtpolizei, die besonders aufgrund des Personalmangels unter Druck steht. Der Stadtrat hatte im Budget 2025 eigentlich die Schaffung von 17 neuen Stellen bei der Uniformpolizei vorgesehen. Die ohnehin polizeikritische AL wollte davon nichts wissen und pochte darauf, die Sollstellen auf dem Stand von 2024 zu belassen. SP und GLP wiederum schlugen die Bewilligung von lediglich acht neuen Frontstellen vor. Dem folgte schliesslich auch der Gemeinderat.
Dringlichkeit ist eine Sache der Interpretation. Das zeigte sich während der Budgetdebatte unter anderem auch beim Thema Lärmblitzer. Für einen Pilotbetrieb wurden im Budget 2025 keine Mittel bereitgestellt, der Stadtrat hatte das Thema als nicht dringend taxiert. Die Grünen allerdings forderten die Bereitstellung von 50 000 Franken für einen solchen Lärmblitzer-Pilotversuch ‒ und setzten sich damit durch.
Eine besonders prominente Rolle kam in dieser Budgetdebatte dem Schulamt zu, welches das aktuelle Bevölkerungswachstum besonders zu spüren bekommt. Es ist gleichsam der am kräftigsten wachsende Baum in Stadtrat Leupis «Stadtgarten» – aber gleichzeitig auch einer, dessen Pflege sich als besonders kostenintensiv erweist. Der eindringliche Appell von Stadtrat Filippo Leutenegger, angesichts dieser höchsten Zuwachsrate an finanziellen Mitteln für sein Departement auf eine weitere Ausdehnung möglichst zu verzichten, verhallte im Zürcher Gemeinderat fast ungehört. Ungebrochen wurden hier weitere Stellen bewilligt, so zum Beispiel bei der Fachstelle Gewaltprävention, welche durch eine weitere Stelle gestärkt wurde. Eine Minderheit hatte argumentiert, Gewalt in der Schule lasse sich durch eine Fachstelle nicht verhindern. Das Problem der Gewalt liege «woanders».
Am Ende konnte zumindest die links-grüne Mehrheit im Stadtparlament befriedigt auf die «Gartenarbeit» zurückblicken. Die Grünen sprachen von einer «linken Kompromissbereitschaft und Geschlossenheit», welche «Fortschritte bei vielen wichtigen Themen» erzielt habe: «mehr bezahlbare Wohnungen, mehr Klimaschutz, mehr Chancengleichheit», fasste es die Partei zusammen. Die beschlossenen Änderungen seien in einem kleinen Bereich verglichen mit dem 11-Milliarden-Budget der Stadt. «Aber es sind wichtige Projekte, die ergänzt worden sind.» Für das bürgerliche Lager andererseits zeigte diese Budgetdebatte erneut, dass sich die Stadt «im finanzpolitischen Rausch» befinde, wie es die FDP ausdrückte. Das Geld werde weiterhin mit allen Händen ausgegeben. Und während die Steuereinnahmen weiter sprudeln würden, «erfahren die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler keinerlei Steuerentlastung». «Mit dem Budget 2025 ist das Fuder überladen. So bricht der Karren zusammen.»
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