Kontroverse um Mehrverkehr
Eine IG forderte mit einer Petition, den Durchgangsverkehr auf der Ausserdorfstrasse zu mindern. Die Stadt sieht aber keinen dringenden Handlungsbedarf. Doch die Anwohnenden geben nicht auf. - Von Christian Saggese
Anwohner bei der Petitionsübergabe letzten Sommer. Bild: SAG
Eine IG forderte mit einer Petition, den Durchgangsverkehr auf der Ausserdorfstrasse zu mindern. Die Stadt sieht aber keinen dringenden Handlungsbedarf. Doch die Anwohnenden geben nicht auf. - Von Christian Saggese
«Es ist enttäuschend, dass die Behörden unsere Sorgen um die Sicherheit in unserer Strasse nicht ernst nehmen», sagt Franziska Harder von der IG Ausserdorf. Der Grund: Die Stadt hat eine Petition der Interessengemeinschaft abgelehnt, die Sofortmassnahmen verlangte, um den Durchgangsverkehr in der Ausserdorfstrasse zu unterbinden. Doch die Anwohnenden geben nicht auf. Worum geht es genau?
Seebach wächst schnell: Zu den heutigen 27 000 Einwohnern sollen in den nächsten zehn Jahren 20 000 hinzukommen. Viele Gebäude werden durch grössere Neubauten ersetzt, aktuell entstehen am nordwestlichen Ende der Birchstrasse über 600 Wohnungen. Parallel dazu liegt die Ausserdorfstrasse, eine Quartierstrasse ohne durchgehendes Trottoir, die 2010 zur Begegnungszone erklärt wurde. Laut Anwohnenden hätte dies jedoch keine Verkehrsberuhigung gebracht; die Strasse werde weiterhin als Abkürzung zur Autobahn A1 genutzt, oft mit mehr als den erlaubten 20 km/h. Vor zwölf Jahren wurde sogar ein Kind angefahren. «Der Schulweg der anwohnenden Kinder ist viel zu gefährlich», erklärt Harder. «Viele von uns fühlen sich unsicher, wenn sie beim Begehen der Strasse ständig Autos ausweichen müssen. Besonders schwierig ist die Situation für unsere älteren Nachbarn und diejenigen mit körperlichen Beeinträchtigungen.»
Zwar arbeitet die Stadt unter Einbezug der Bevölkerung an einem neuen Verkehrs- und Stadtraumkonzept, das den Durchgangsverkehr im gesamten Quartier reduzieren soll. Doch die Anwohnenden der Ausserdorfstrasse sind skeptisch. Sie befürchten, ein Schlupfloch zu bleiben, da verkehrsberuhigende Massnahmen bisher nur auf den Parallelstrassen umgesetzt wurden. Deswegen reichten sie letzten Sommer ihre Petition ein, in der sie ein «Fahrverbot mit Zubringerdienst und elektronischer Zufahrtskontrolle» verlangten. Fast alle Anwohnenden haben die Petition unterschrieben.
Diese Forderung wurde nun von der Stadt abgelehnt. In der Begründung, die dem «Tagblatt» vorliegt, heisst es, dass in den letzten zehn Jahren auf der Ausserdorfstrasse lediglich drei Unfälle mit Sachschaden registriert worden seien, was kein besonderes Sicherheitsdefizit zeige. Zudem würden laut Messungen um die 640 Fahrzeuge täglich die Strasse nutzen, dabei handle es sich grösstenteils um Anwohnende anderer Quartierstrassen und nicht etwa um fremden Durchgangsverkehr, den es zu verhindern gelte. Diese Verkehrsbelastung sei vergleichbar mit anderen Begegnungszonen, wie etwa an der Rudolf-Hägi-Strasse, und erfordere daher keine Notmassnahmen. Auch bei den Geschwindigkeiten gebe es keine Auffälligkeiten: 85 Prozent der Fahrzeuge seien mit unter 24 bis 25 km/h unterwegs – Werte, die für Begegnungszonen ohne zusätzliche Schutzmassnahmen üblich seien. Aus diesen Gründen sei es laut der Stadt unverhältnismässig, ein Fahrverbot einzuführen, da dies eine besonders drastische Massnahme darstelle. Ein «Zubringerdienst» sei zudem schwer kontrollierbar, da selbst eine automatische Zufahrtskontrolle nicht eindeutig klären könnte, warum ein Fahrzeug die Strasse befahre. Insgesamt sieht die Stadt die Situation in der Ausserdorfstrasse als vergleichbar mit anderen Wohnquartieren.
Für die IG Ausserdorf ist diese Argumentation nicht nachvollziehbar. Franziska Harder sagt: «Bei der letzten uns vorliegenden Messung im Oktober 2022 waren es 740 Fahrzeuge pro Tag – und dies nach dem temporären Auszug Hunderter von Bewohnenden der benachbarten Birchstrasse, deren Siedlungen nun ersetzt und stark vergrössert werden.» Der Vergleich mit der Rudolf-Hägi-Strasse sei zudem nicht gerechtfertigt: «Diese befindet sich am Rand von Seebach, hat nur fünf Neubauten und ist eine Sackgasse.» Und: «Der Verkehr auf der Ausserdorfstrasse kommt nur zu einem ganz kleinen Teil von uns Anwohnenden. Es ist nicht in Ordnung, den Perimeter auf andere Quartierstrassen auszudehnen, um den Durchgangs- zu Quell- und Zielverkehr umzubenennen. Wir stellen fest, das viele Autos ausserkantonale und auch ausländische Autokennzeichen haben.» Weiter ist Harder überzeugt: «Eine akzeptierte Durchschnittsgeschwindigkeit ist kein Garant für Sicherheit. Messungen 2022 zeigten, dass mehrmals täglich mit Geschwindigkeiten von 40 – 45 km/h durch die Ausserdorfstrasse gefahren wurde. Es reicht ein einziger unaufmerksamer Verkehrsteilnehmer für eine Katastrophe.» Die IG Ausserdorf hofft daher, dass die Stadt das Gesuch nochmals gründlich prüft und hat für die gewünschte Neubeurteilung der Petition ein umfassendes Argumentarium erstellt.
Immerhin: In ihrer Absage hält die Stadt fest, dass, sollten im neuen Verkehrs- und Stadtraumkonzept Seebach-West notwendige und schnell realisierbare, punktuelle Massnahmen zur Verkehrsreduktion auf der Ausserdorfstrasse enthalten sein, diese vorgezogen umgesetzt werden könnten.
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