Affront aus der Dose
Sprayereien Die SVP lanciert in der Stadt Zürich mit einem Vorstoss im Gemeinderat die Diskussion um polizeifeindliche Graffitis. - Von Jan Strobel
«ACAB»-Graffiti auf einer Bauwand im Zürcher Kreis 5. Bild: SAG
Sprayereien Die SVP lanciert in der Stadt Zürich mit einem Vorstoss im Gemeinderat die Diskussion um polizeifeindliche Graffitis. - Von Jan Strobel
Illegale Graffitis an Hausfassaden oder Bauwänden gehören zu den grossen Ärgernissen im ansonsten so properen Zürcher Stadtbild. Die versprayten und verschmierten Stellen werden zu «Leinwänden» für Befindlichkeiten, Ideologien oder Gruppenzugehörigkeiten. In der Stadt Zürich informiert und berät die Fachstelle Graffiti Hauseigentümer und koordiniert die Entfernung von störenden Sprayereien im öffentlichen Raum. Dazu hat die Fachstelle auch ein eigenes «Graffiti-Konzept» erarbeitet. Darin ist der Auftrag des Stadtrats festgehalten: «Es ist alles daran zu setzen, dass verletzende Schmierereien keine Wirkung entfalten können», heisst es unter anderem in einem Stadtratsbeschluss von 1997. Und: Die Fachstelle verfügt über ein Budget zur Kostenübernahme «der Entfernung von rassistischen, sexistischen, obszönen oder Personen des öffentlichen Lebens verunglimpfenden Schmierereien», dies auch auf privaten Liegenschaften.
Nun hat sich die SVP im Zürcher Gemeinderat einem ganz spezifischen Aspekt einer solchen Verunglimpfung angenommen. Immer häufiger würden in der Stadt Zürich «polizeifeindliche Schriftzüge, wie zum Beispiel '1312' oder 'ACAB', auf private und öffentliche Flächen geschmiert oder gesprayt», heisst es in einem Postulat der SVP-Gemeinderäte Stephan Iten, Derek Richter und Samuel Balsiger. Die Buchstabenreihe «ACAB» steht für «All Cops Are Bastards», übersetzt: «Alle Polizisten sind Bastarde»; «1312» ist wiederum die codierte Form dieses Slogans, der vor allem im Umfeld linksautonomer Kreise, bei Hooligans oder Skinheads auftaucht. Diese Sprayereien seien «höchst unwürdig für sämtliche Polizistinnen und Polizisten, welche tagtäglich die Bevölkerung unter Einsatz ihres Lebens schützen», so die SVP-Gemeinderäte. In ihrem Vorstoss fordern sie den Stadtrat auf zu prüfen, wie «polizeifeindliche Schmierereien auf dem gesamten Stadtgebiet jeweils sofort und konsequent beseitigt werden können». Im Stadtparlament kam es vergangenen Mittwoch zu einem Ablehnungsantrag des Geschäfts aus den Reihen der AL. Damit wird er für eine spätere Debatte vertagt.
Die Diskussion um den Umgang mit den Akronymen «ACAB» beziehungsweise «1312» entflammte jüngst auch im Aargau, als die dortige Juso mit Weihnachtsguetsli mit «1312»-Gravur provozierte. Mitte Dezember wiederum schickte der Bundesrat eine Gesetzesänderung in die Vernehmlassung, die in einem ersten Schritt nationalsozialistische Symbole verbietet. Zu einem späteren Zeitpunkt wird der Bundesrat ein Verbot für die Verwendung weiterer «extremistischer, rassendiskriminierender und gewaltverherrlichender Symbole» vorschlagen. Darunter könnte theoretisch dann auch das «ACAB»-Akronym fallen. Allerdings gelten staatliche Institutionen wie die Polizei im Schweizerischen Strafgesetzbuch nicht als gesetzlich geschützte Gruppen wie etwa Ethnie, Rasse, Religion oder sexuelle Orientierung. Auch in Deutschland kamen verschiedene Urteile zum Schluss, dass die Polizei als Kollektiv beziehungsweise Institution nicht «beleidigungsfähig» sei. In den USA andererseits wurden etwa in Minneapolis (US-Bundesstaat Minnesota) oder in Richmond (Virginia) im Nachgang zu gewaltsamen Unruhen und Protesten polizeifeindliche Graffitis entfernt.
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echo@tagblattzuerich.ch
Es spricht für sich, dass die Alternative Partei nichts davon hält polizeifeindliche Graffiti zu entfernen. Sie lehnt Gewalt gegen den Staat auch nicht ab.
A. Stauffacher antwortenLade Fotos..