Dem «Mann mit Hut» geht es an den Kragen
Letzte Woche sprach sich eine Mehrheit im Gemeinderat für gendergerechte Verkehrsschilder in der Stadt Zürich aus. - Von Jan Strobel
Vorbild für Zürich? Gendergerechte Signaltafel an einem Fussgängerstreifen, hier am Quai Gustave-Ador in Genf. Bild: Google Street View
Letzte Woche sprach sich eine Mehrheit im Gemeinderat für gendergerechte Verkehrsschilder in der Stadt Zürich aus. - Von Jan Strobel
Als Genf 2020 als erste Schweizer Stadt den Mann mit Hut auf den Signaltafeln für Fussgängerstreifen sozusagen aufs Abstellgleis schob und ihn durch eine schwangere Frau, ein lesbisches Paar oder eine ältere Frau mit Stock ersetzte, löste diese scheinbar kleine Massnahme auch in der Zürcher Politik einige Wogen aus. Während die Linke über diese gendergerechte Massnahme frohlockte, irritierte sie das bürgerliche Lager empfindlich. Am vergangenen Mittwoch beschäftigte sich der Stadtzürcher Gemeinderat wieder mit dem Thema. Debattiert wurde das Postulat der SP-Gemeinderätinnen Rahel Habegger und Leah Heuri und ihres Fraktionskollegen Marco Denoth. In ihrem Vorstoss fordern sie den Stadtrat auf zu prüfen, wie die Verkehrssignalisation in der Stadt Zürich «gendergerecht und diversitätsbewusst» gestaltet werden könne. Dabei gilt den Postulanten der «Mann mit Hut» geradezu als ein auf Aluminium gedrucktes Übel: «Unsere Stadt orientiert sich noch immer viel zu stark an der Norm des arbeitenden, kinderlosen Mannes, der mit dem Auto unterwegs ist», so Gemeinderätin Rahel Habegger. Die ständig wiederkehrende Darstellung des «Mannes mit Hut» zementiere Geschlechterstereotypen und suggeriere indirekt, dass der öffentliche Raum vor allem den Männern gehöre. Zeitgemäss gestaltete Verkehrsschilder hingegen würden ein Signal aussenden. «Wir erkennen an, dass alle Menschen in dieser Stadt gleichwertig und sichtbar sind», so Rahel Habegger in ihrem Votum. Insbesondere würden gendergerechte Verkehrsschilder die «Sichtbarkeit der Frau im öffentlichen Raum» erhöhen.
Die FDP stellte sich gegen den Vorstoss. Verkehrsschilder würden allein der Sicherheit dienen; eine Genderdiskussion sei hier «völlig fehl am Platz», so FDP-Gemeinderätin Yasmin Bourgeois. Zudem zementierte dieser Vorstoss Stereotypen: «Wie wollen Sie denn Frauen abbilden, wenn nicht anders als mit Rock und langen Haaren?», fragte die Freisinnige Parlamentarierin. Die Verkehrssignalisation sei überdies auf Bundesebene geregelt. «Die Stadt hat hier nur einen sehr beschränkten Spielraum.» Kritik kam auch von Seiten der SVP. Gemeinderat Samuel Balsiger zeigte sich überzeugt, dass «kein einziger Bürger ausserhalb der rot-grünen Polit-Bubble» sagen werde, er fühle sich durch einen Mann auf einem Piktogramm diskriminiert und verletzt. Es handle sich um einen «total unsinnigen, realitätsfremden» Vorstoss. Sein Parteikollege Michele Romagnolo doppelte nach: «Ich habe noch nie eine Frau gesehen, die an einer grünen Ampel stehen bleibt, weil sie sich nicht repräsentiert fühlt.»
Am Ende stimmte eine Mehrheit im Gemeinderat einer Überweisung des Geschäfts an den Stadtrat zu. «Wir sind gespannt auf kreative Lösungen», so SP-Postulant Marco Denoth.
Ihre Meinung zum Thema?
echo@tagblattzuerich.ch
Einfach nur bescheuert! Es sind Verkehrsschilder sonst nichts! Unnötig Geld aus dem Fenster geworfen. Mir als Frau ist es scheissegal ob ein Mann auf dem Schild ist. Es gibt wirklich andere Probleme auf dieser Welt!!
Yvonne antwortenMir fehlen die Worte- so ein Bulls*hit!
Carlita antwortenSorry, ich bin bürgerlich, finde jedoch den Verstoss gar nicht so realitätsfremd! Genf ist in vielen Dingen vorbildlich bzw fortgeschritten und offener...Das Welschland generell. Zb eine Tafel mit einer Frau mit knallroten Lippen wäre eine Idee, was gibt es weiblicheres, als rote Lippen..😊💋
Manuela Schneeberger, Zürich antwortenAnstatt Probleme anzugehen, welche dem Volk zu gute kommt, verkommt das Parlament und Exponenten davon sich selbst zu verwirklichen auf Kosten der Steuern des Volkes. Die SP soll sich wieder den reelen Problemen widmen und für die ganze Bevölkerung schauen. Zur Zeit ist sie nicht mehr wählbar.
A. Stauffacher antwortenWieso müssen wir noch Tafeln haben. Sind ja schon bald alle Strassen 30 iger Zonen. Das sollte es auch keine Fussgängerstreifen mehr geben. Laut Strassenverkehrsgesetz.
Rudolf Lienhart antwortenLade Fotos..