Geschichte eines Niedergangs
Die Maschinenfabrik Oerlikon war einst weltweit führend mit ihren Innovationen. 1967 wurde sie von der damaligen BBC übernommen. Ein Buch zeichnet die schwierigen letzten Jahrzehnte nach. - Von Jan Strobel
Die Maschinenfabrik Oerlikon war einst weltweit führend mit ihren Innovationen. 1967 wurde sie von der damaligen BBC übernommen. Ein Buch zeichnet die schwierigen letzten Jahrzehnte nach. - Von Jan Strobel
Als sich im November 1967 die Aktionäre zur Generalversammlung der Maschinenfabrik Oerlikon MFO zusammenfanden, präsentierte sich eigentlich nur noch der Schatten eines früher einmal kraftvollen Industrieunternehmens. Von den einst 200 Aktionären kamen nur noch deren 37 zusammen, sozusagen aus einer alten Anhänglichkeit heraus. Die Gruppe hatte sich geweigert, ihren Aktienbesitz an die BBC in Baden, die neue Besitzerin der Maschinenfabrik Oerlikon, abzutreten. Dabei hatte MFO-Verwaltungsratspräsident Georg Heberlein die Übernahme ausdrücklich nicht als «Fusion» bezeichnet. Gleichwohl erklärte praktisch der gesamte Verwaltungsrat der MFO seinen Rücktritt, um in denjenigen der BBC überzutreten. Georg Heberlein gehörte ebenso dazu wie etwa Louis von Planta, Hans Schindler oder Peter Schmidheiny. Übrig blieb ein Rumpf-Verwaltungsrat mit Alfred Stucky, Rudolf Sontheim, Franz Luterbacher und Rudolf Huber. Zusammen mit dem zurückgetretenen Hans Schindler hatte Rudolf Huber in den 1950er-Jahren die MFO geprägt und den Übergang von einem Familien- in ein Managerunternehmen eingeleitet. Die Industriellenfamilien Huber und Schindler verkörperten geradezu die Maschinenfabrik und ihre internationale Strahlkraft für den Industriestandort Oerlikon.
Mit der Übernahme der Unternehmens durch die BBC begann das langsame Ende eines Zürcher Industrie-Mythos, der 1876 mit der Gründung der MFO durch Peter Emil Huber seinen Anfang genommen hatte. Immerhin war die MFO mit ihren Innovationen einst führend gewesen. 1938/39 hatte die MFO zum Beispiel massgeblich an der Konstruktion der «Landi-Lok» mitgewirkt. Das elektrische Triebfahrzeug der SBB galt mit seiner Stundenleistung von 11 100 PS als stärkste Lokomotive der Welt.
Mit den letzten Jahren der Maschinenfabrik Oerlikon hat sich auch Peter Ritschard, Präsident des Ortsgeschichtlichen Vereins Oerlikon eingehend beschäftigt. Ritschard wuchs in Oerlikon auf und absolvierte seine kaufmännische Lehre bei der MFO. Am 26. März und 5. April stellt er sein Buch «Das Ende einer Legende, Die Maschinenfabrik Oerlikon 1945 – 1967» vor, das im Verlag Hier und Jetzt erscheint. Ritschard zeichnet den Niedergang des Unternehmens akribisch nach. Die Ursachen dafür sieht er vor allem bei Fehlern in der Führung. Das Buch rekonstruiert die Firmengeschichte anhand von Protokollen, Archivdokumenten und Tagebüchern und analysiert den Kontext des gescheiterten Übergangs von einem Familien- zu einem Managementunternehmen.
Weitere Informationen:
Buchvernissagen:
Mi., 26.3., 14.30 Uhr: Senevita Residenz Nordlicht, Birchstrasse 180, 8050 Zürich
Sa., 5.4., 17 Uhr: Buchhandlung Nievergelt, Franklinstrasse 23, 8050 Zürich
Peter Ritschard: «Das Ende einer Legende. Die Maschinenfabrik Oerlikon 1945 – 1967»
Verlag Hier und Jetzt, 2025
ISBN: 978-3-03919-633-3
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