120 Jahre für ein zweites Leben
Ausgefallene Vintage-Möbel und Trouvaillen zum guten Preis. Der Verein Zürcher Brockenhaus führt das älteste Brocki der Stadt. Die Institution feiert ihr 120-Jahr-Jubiläum. - Von Ginger Hebel
Geschäftsführer Stefan Huber (l.) und Stephan Rietiker (r.), Präsident des Vereins Zürcher Brockenhaus, in der Ausstellung neben einer Holzfigur des Künstlers Peter Leisinger anlässlich des 120-Jahr-Jubiläums des Brocki. Bild: GH
Ausgefallene Vintage-Möbel und Trouvaillen zum guten Preis. Der Verein Zürcher Brockenhaus führt das älteste Brocki der Stadt. Die Institution feiert ihr 120-Jahr-Jubiläum. - Von Ginger Hebel
Sie nehmen Platz auf den braunen Ledersesseln und lassen den Blick schweifen in die grosse Ausstellung ihres Brockenhauses. Es herrscht gemütliche Wohnzimmer-Atmosphäre. Kronleuchter, originelle Ständerlampen, Spiegel, Sideboards, Sofas, darunter viele Vintage-Stücke, die beim Publikum sehr gut ankommen. «Der Nachhaltigkeitsgedanke wird immer wichtiger», sagt Geschäftsführer Stefan Huber, der das Zürcher Brockenhaus an der Neugasse 11 seit drei Jahren führt. Sein Vorgänger, Ueli Müller, ging in Pension. Alle paar Wochen präsentiert sich das Brockenhaus neu. «Wir bieten unserem Personal kreativen Spielraum, das wird sehr geschätzt. Unsere Mitarbeitenden gestalten immer wieder ansprechende Einkaufswelten», sagt Stefan Huber. Derzeit lockt die Gartenausstellung mit Schweizer Klassikern von Embru oder Schaffner viele Leute an.
Der eigenständige Verein Zürcher Brockenhaus feiert sein 120-Jahr-Jubiläum. Das älteste Brockenhaus der Stadt ist eine historisch aber auch gesellschaftlich wichtige Institution und ein Treffpunkt für alle Schichten. Menschen mit bescheidenem Budget stöbern hier genauso gerne wie Vintage-Liebhaber auf der Suche nach Trouvaillen. Die Auswahl ist gross und vielseitig. «Das langjährige Personal ist das Fundament unseres Erfolgs», ist Stephan Rietiker, Präsident des Vereins Zürcher Brockenhaus, überzeugt. Für die rund 30 Mitarbeitenden wird gesorgt, so gab es zu Anfangszeiten eine Fürsorgestiftung, dann eine eigene PK, und auch heutzutage kommen sie zum Beispiel in den Genuss einer attraktiven Pensionskassenlösung. Aber auch Integration ist ein wichtiger Punkt. In Kooperation mit sozialen Einrichtungen und Organisationen bietet das Brockenhaus geschützte Arbeitsplätze an. Gerade wird eine Lehrtochter im Textilbereich ausgebildet. «Wir verkaufen heute viel mehr Secondhand-Kleidung als noch vor ein paar Jahren. Dieser Bereich wächst bei uns am stärksten», so Stefan Huber.
Das Brockenhaus, gegründet 1904, hat über all die Jahre viele Krisen gemeistert, auch den Preiszerfall der letzten Jahrzehnte. «Unser Ziel ist es, preislich attraktiver zu sein als andere Vintage-Geschäfte und Möbelläden in der Stadt», sagt Huber. Die derzeit gefragten Keramiktische beispielsweise kosten im Brocki einen Bruchteil im Vergleich zum Fachhandel. Über die Jahre wurden Millionen von Franken an über 200 Wohltätigkeits-Organisationen gespendet, ans Kinderhospiz oder die Aids-Hilfe Schweiz. Derzeit fliesst das Geld unter anderem an ein Projekt für die Ausbildung von Blindenhunden.
Das Brockenhaus bietet Gratis-Räumungen von Wohnungen und Häusern aber auch Hotels und Restaurants an. «Respekt vor der Umwelt und Recycling sind uns wichtig. Wir werfen so wenig wie möglich fort», sagt Stephan Rietiker. Nicht mehr brauchbare oder defekte Gegenstände werden nach ortsüblichen Tarifen entsorgt.
Die Olga-Bar im Brockenhaus dient als Treffpunkt im Quartier. Für Veranstaltungen wie Firmenfeiern und Hochzeiten kann das Brocki gemietet werden. «Die Veranstaltungen müssen jedoch gut geplant sein, denn oft finden sie am Freitag oder Samstag statt, an unseren verkaufsstärksten Tagen», erklärt Huber. Auch die Möbel-Vermietung ist ein stetig wachsender Zweig. Dekorationsgegenstände und Mobiliar aus dem Fundus werden vermietet. Hochschulen, Restaurants und Hotels beziehen beim Brocki Möbel für ihre Anlässe - von der Rittertafel über das Chesterfield-Sofa bis hin zur Silbergabel.
Der hauseigene Schreiner und die Polsterin restaurieren in den Werkstätten im Dachstock alte Möbel mit Leidenschaft oder hauchen ihnen ein zweites Leben ein. Stefan Huber: «Wir präsentieren Unikate, die man so im Handel nirgends findet. Damit heben wir uns ab.»
Gründung: 1904
Aktivmitglieder:300 Personen aus allen Bevölkerungskreisen.
Jahresbeitrag: 20 Franken
Willkommen sind: Alle, welche die gemeinnützige Organisation durch eine Vereinsmitgliedschaft aktiv unterstützen möchten.
Weitere Informationen:
Zürcher Brockenhaus, Neugasse 11, 8005 Zürich. Offen: Montag bis Freitag, 10 bis 18.30 Uhr. Samstag, 10 bis 16 Uhr. Gratis Abholdienst, 055 555 55 55.
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