Aus für Werbung?
Der Gemeinderat hat einer Einschränkung der Werbung zugestimmt. Dem Bündnis «Zürich werbefrei» ist das nicht genug. - Von Clarissa Rohrbach
Kürzlich wurden Werbeplakate in der Stadt beschädigt. Bild: CLA
Der Gemeinderat hat einer Einschränkung der Werbung zugestimmt. Dem Bündnis «Zürich werbefrei» ist das nicht genug. - Von Clarissa Rohrbach
Viele Werbeplakate in der Stadt sind mit gelben Klebern abgedeckt. Dahinter steht das Bündnis «Zürich werbefrei» um AL, Juso und Mitglieder des Klimastreiks. Mit der Aktion fordern sie, dass Werbung auf öffentlichem Raum verboten wird. Diese sei ein Treiber von Konsum und würde dem Klima schaden. Laut Greenpeace seien sieben Prozent der schweizweiten Treibhausgasemissionen auf den Werbekonsum zurückzuführen.
Wenig Freude hat die Werbevermarkterin Goldbach Neo, welche die meisten Plakate in der Stadt mietet. Laut Sprecherin Michelle Sameli wurden in der letzten Woche rund 60 Plakate beschädigt. «Für unsere Mitarbeiter ist das mühsam und bedeutet Mehraufwand», sagt sie. Die Plakate würden innert 24 Stunden ersetzt. Die Höhe des Sachschadens kann Sameli nicht beziffern. Goldbach hat reagiert und Anzeige erstattet. «Sachbeschädigung von fremden Eigentum ist der falsche Weg, um auf ein Anliegen aufmerksam zu machen», so Sameli.
Laurène Descamps von «Zürich werbefrei» meint, hinter den Aktionen würden viele Bürger stehen. Eine neue EU-Studie mit 19 000 Befragten zeige, dass die Mehrheit gegen Werbung sei. «Diese Aktionen sind ein wirksames Mittel, um in der Öffentlichkeit präsent zu sein und die Debatte anzukurbeln», sagt Descamps, «das Kollektiv hat viele gute Rückmeldungen bekommen.»
Das Anliegen der AL stiess letzte Woche im Gemeinderat auf offene Ohren. Behandelt wurde eine Motion, die ein Werbeverbot in der Stadt verlangt. Ausgenommen wären Beschriftungen von Geschäften, Werbung für lokale Veranstaltungen, politische Werbung und Informationen der öffentlichen Hand gewesen. Die SP schwächte den Text ab und hielt fest, dass die Werbung eingeschränkt werden soll. Digitale Werbeanzeigen sollen ganz verschwinden. Schliesslich nahm eine Mehrheit aus AL, SP und Grüne mit 58 zu 57 Stimmen den Vorstoss an. Der Stadtrat hat nun zwei Jahre Zeit, um eine Anordnung auszuarbeiten.
Laut AL-Gemeinderat Michael Schmid hat die Werbung schädliche Auswirkungen. «Sie ist manipulativ, fördert den Überkonsum und ist somit mitverantwortlich für die Umweltzerstörung.» Deswegen sei sie nicht vereinbar mit dem Klimaziel der Stadt. Zudem führten die digitalen, bewegten Werbeanzeigen zu einer Verschandelung des Stadtbildes und verbrauchten Strom. Die bürgerliche Seite sprach während der Debatte von nordkoreanischen Verhältnissen. Für Nicolas Cavalli (GLP) ist das Werbeverbot ein Angriff auf die freie Gesellschaft. Diese sei auch ein Kulturgut und Information. Laut FDP sind rund 7000 Arbeitsplätze in der Werbebranche in Gefahr. «Die Werbegelder werden an ausländische Tech-Firmen abwandern», meinte Patrik Brunner. Zudem seien Konsumenten nicht unfähig und dumm, wie das die linke Seite unterstelle.
Mit dem Entscheid des Gemeinderats folgt Zürich dem Beispiel anderer Städte wie Den Haag, São Paulo und Grenoble, die ein Werbeverbot eingeführt haben. Der Stadtrat hatte die Motion im Oktober abgelehnt. Hochbauvorsteher André Odermatt (SP) sagte, Werbung gehöre zur Stadt Zürich, sie habe lange Tradition und sei Ausdruck wirtschaftlicher Prosperität. Mit der Vermietung der rund 3500 Werbeflächen nimmt die Stadt jährlich 28 Millionen Franken ein, davon gehen rund 14 Millionen an die ZVV.
Michelle Sameli von Goldbach Neo hofft, dass mit dem Entscheid des Gemeinderats die Aktionen von «Zürich werbefrei» aufhören. Doch Laurène Descamps meint: «Solange es klimaschädliche Werbung gibt, kann es sein, dass die Bewegung im öffentlichen Raum weiterhin sichtbar bleibt.» Die Annahme der Motion sei ein erster Schritt und zeige, dass Aktivismus funktioniere, doch es gebe noch viel zu tun.
….. klar das diese gruppen keine werbung sehen wollen da sie selber nichts zu bewerben haben so auch keine einnahmen generieren für zürich !!!!!
Ffb antwortenEin Zürich ohne blinkende, leuchtende Werbung überall! Was für eine schöne Vorstellung! Ich warte seit sechzig Jahren darauf. Müssen wir wirklich noch zwei weitere Jahre warten?
Valerie Quais antwortenMuss man, wenn einem ein Vorschlag nicht passt, diesen sofort mit dem Begriff "Verbot" diffamieren? ... Und wäre es nicht korrekt, von Werbung im statt auf dem öffentlichen Raum zu schreiben? Ich bin sehbehindert und nehme die "Verunstaltung durch Werbung im öffentlichen Raum und allüberall nicht so bewusst wahr. Ich würde aber etwas weniger Werbung als einen Beitrag zur Entschleunigung begrüssen
Hans Fischbacher antwortenLade Fotos..