Zürich bläst zum Verbot
In der Stadt Zürich sorgt der Streit um Laubbläser und Laubsauger seit zwanzig Jahren für Zündstoff. Nun entscheidet das Stimmvolk über ein Verbot von Benzingeräten. - Von Jan Strobel
Laubbläser und Laubsauger sind zu einem emotionsgeladenen Politikum geworden. Symbolbild: Adobestock
In der Stadt Zürich sorgt der Streit um Laubbläser und Laubsauger seit zwanzig Jahren für Zündstoff. Nun entscheidet das Stimmvolk über ein Verbot von Benzingeräten. - Von Jan Strobel
Das Thema klingt banal, löst allerdings seit bald zwei Jahrzehnten in der Stadt Zürich Emotionen aus und berührt tatsächlich tiefer gehende Punkte: Beim angestrebten Verbot von mit Benzin betriebenen Laubbläsern geht es einerseits um das Ruhebedürfnis und den Gesundheitsschutz, andererseits um die Frage, wie weit eigentlich Verbote gehen sollen.
Am 28. September muss sich nun das Stadtzürcher Stimmvolk mit dem «Laubbläser-Streit» befassen. Konkret geht es in der Vorlage um eine Teilrevision der Allgemeinen Polizeiverordnung. Sie soll mit einem Artikel ergänzt werden, wonach nur noch elektrisch betriebene Laubblas- und Laubsauggeräte eingesetzt werden dürfen. Der Gebrauch von mit Benzin betriebenen Geräten soll ausnahmslos verboten werden. Zusätzlich soll es auch noch eine zeitliche Beschränkung geben. Der Einsatz von Laubbläsern wird auf die Monate Oktober bis Dezember beschränkt. Ausserhalb dieser «Laubbläser-Saison» ist eine Ausnahmebewilligung nötig. Davon ausgeschlossen sind bewilligte Bauarbeiten. Hier dürfen die Geräte ganzjährig eingesetzt werden.
Der Stadtrat und eine Mehrheit im Gemeinderat befürworten die Vorlage. Die Befürworter monieren zunächst die Lärmbelastung durch Laubbläser und Laubsauger, die bis zu 100 Dezibel erreichen kann. Dieser Lärmpegel werde von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) als gefährlich eingestuft. Zudem würden die Geräte bei jedem Einsatz Feinstaub und Bakterien aufwirbeln und verteilen. Ebenso seien durch Laubbläser Lebensräume und Rückzugsgebiete von Kleinlebewesen bedroht.
Grundlage dieser Vorlage ist eine Motion aus dem Gemeinderat, die 2022 von Jürg Rauser (Grüne), Alan David Sangines (SP) und 12 Mitunterzeichnenden eingereicht worden war. Die Motionäre führten unter anderem ins Feld, dass Laubbläser und Laubsauger mehr und mehr nicht nur dazu verwendet würden, im Herbst das Laub von Fusswegen und Strassen zu entfernen. «Hauswartungen, Gartenunternehmen und Baufirmen nutzen die Geräte immer häufiger, um Abfall und Dreck aller Art, Grüngut von Rasen- und Heckenschnitt, Schnee etc. von Vorplätzen, Garageneinfahrten, Grünflächen oder Baugerüsten zu entfernen. Die «Handarbeit mit Besen und Rechen» erfülle in den meisten Fällen ebenso effizient den gleichen Zweck. «Sie ist eine niederschwellige Arbeit, deren zunehmendes Verschwinden oft beklagt wird».
Gegen das weitgehende Laub-bläser-Verbot sprachen sich FDP, SVP und Die Mitte/EVP aus. Für sie ist die nun zur Abstimmung kommenden Vorlage «Ausdruck einer unsinnigen und unsozialen Verbotskultur.» Es sei arbeitnehmerfeindlich, willkürlich und führe zu Mehrkosten. Übertriebener Lärm könne heute schon gebüsst werden, es brauche keine zusätzlichen Verbote.
Das politische Zürich beschäftigt sich schon seit 2005 mit der Causa Laubbläser. Damals brachte nicht etwa die Linke das Thema aufs Tapet; vielmehr war es die seinerzeitige SVP-Gemeinderätin Ruth Anhorn, die besonders die Lärmimmissionen durch «Zweitakt-Gebläsegeräte» in einer Schriftlichen Anfrage an den Stadtrat monierte. 2010 sprangen dann die Grünen auf den Zug auf. In einem Postulat forderten sie den Verzicht von Grün Stadt Zürich auf Laubbläser. Gemeinderat Mat-thias Probst und seine Fraktionskollegin Christina Hug sahen darin sogar den Anstoss für einen «Kulturwandel bei der Reinigung» auch bei Privaten. Grünen-Gemeinderätin Christina Hug legte zusammen mit Gabriele Kisker (ebenfalls Grüne) 2013 mit einer Motion nach. Hier kam zum ersten Mal auch die zeitliche Beschränkung der Nutzung von Laubbläsern und Laubsaugern ins Spiel. Parallel reichten die Grünen eine Petition «Stopp Laubbläser» mit 4300 Unterschriften ein. Gabriele Kisker machte dem Stadtrat 2017 mit einem Vorstoss erneut Druck.
Der Stadtrat lehnte damals ein generelles Verbot von Laubbläsern und Laubsaugern ab. Damit würde «ein weiteres Problem mit polizeilichen Mitteln bewältigt». Grün Stadt Zürich setze zudem überwiegend elektrobetriebene Geräte ein, das ERZ greife ausschliesslich auf Elektro-Laubbläser zurück.
In der Schweiz sind Laubbläser und Laubsauger zwischen Februar und September bereits in Genf verboten. Im österreichischen Graz ist der Betrieb von Laubbläsern und Laubsaugern sogar ganzjährig verboten. Und in den USA wächst die Zahl der Gemeinden und Bundesstaaten, die benzinbetriebene Laubbläser bereits verboten haben oder sie verbieten möchten. Das Motto dort: «Make America Rake Again!» – ungefähr: Bringt die Amerikaner wieder zum Rechen.
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