Kampf um das Bargeld
Bargeld wird immer öfter nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptiert. Mit je einer Eingabe im Kantons-rat und im Gemeinderat zur Bargeldannahmepflicht geben ein Einzelinitiant und drei Bürgerliche Gegensteuer. - Von Sacha Beuth
In der Stadt und im Kanton Zürich werden Forderungen nach einer Bargeldannahmepflicht laut. Bild: unsplash/Claudio Schwarz
Bargeld wird immer öfter nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptiert. Mit je einer Eingabe im Kantons-rat und im Gemeinderat zur Bargeldannahmepflicht geben ein Einzelinitiant und drei Bürgerliche Gegensteuer. - Von Sacha Beuth
Die Frage, ob das Huhn oder das Ei zuerst war, lässt sich sinngemäss auch beim Zahlen mit Bargeld stellen. Wird weniger mit Cash bezahlt, weil die Konsumenten kontaktlose Zahlungsmittel vorziehen? Oder ist die anhaltend abnehmende Verfügbarkeit der Grund, weil Banken vermehrt Bankomaten und Filialen aus Kostengründen abschaffen? Fakt ist jedenfalls, dass das Bezahlen mit Bargeld schweizweit seit Corona rückläufig ist. So wundert es nicht, dass mehr und mehr Unternehmen ausschliesslich auf kontaktlose Zahlungsmittel bestehen. Dadurch werden aber viele Menschen vom Zugang zu Institutionen, Produkten und Dienstleistungen ausgeschlossen. Nun ist in Zürich sowohl im Gemeinderat wie auch im Kantonsrat je eine Eingabe pendent, die sich für eine Bargeldannahmepflicht einsetzt.
Der jüngste Vorstoss zu diesem Thema erfolgte im Gemeinderat der Stadt Zürich mit dem Postulat von Sebastian Vogel (FDP), Stefan Urech und Yves Peier (beide SVP) vom 1. Oktober 2025. Sie stören sich an dem Umstand, dass das «hoch subventionierte» (O-Ton) Kunsthaus seit dem 1. September für den Eintritt nur noch kontaktloses Bezahlen erlaubt und fordern, wieder die Möglichkeit der Bezahlung mit Bargeld anzubieten. Dies im Sinne der Wahlfreiheit, aber auch des Datenschutzes. «Wer digital bezahlt, gibt sein Kaufverhalten und oft auch seinen Standort an private Unternehmen weiter – darauf weisen sowohl der Schweizer Konsumentenschutz als auch Digitalisierungsexperten hin. Darum ist es wichtig, dass man zumindest in Institutionen, die man mit Steuern mitfinanziert, die Freiheit behält, selbst zu entscheiden, wie man bezahlen möchte», so Urech. Das Kunsthaus begründete den Verzicht auf Bargeldannahme zuerst mit der «Nachhaltigkeit, Nutzerfreundlichkeit, Effizienz und Sicherheit» des kontaktlosen Bezahlens. Inzwischen scheint aufgrund von Besucherreaktionen ein Umdenken stattzufinden. «Wir nehmen die Rückmeldungen unseres Publikums ernst und prüfen, ob Anpassungen am bargeldlosen Bezahlsystem sinnvoll sind», sagt Priska Amstutz von der Kommunikation des Kunsthauses. «Diese Evaluation läuft unabhängig vom Postulat.»
Bereits am 21. August hatte der Sprachwissenschaftler Dietrich Michael Weidmann aus Uster eine Einzelinitiative beim Kantonsrat eingereicht, die noch einen viel grösseren Schritt vorsieht. In seiner Eingabe fordert er eine allgemeine Bargeldannahmepflicht im ganzen Kanton Zürich. So seien etwa in allen öffentlich zugänglichen Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben – insbesondere Gastrounternehmen, Kioske, Automaten, Bahnschalter und Ämter – Bargeld für Leistungen bis zum Betrag von 3000 Franken in Schweizer Franken «zwingend als Zahlungsmittel zu akzeptieren». Und dies, ohne dass deswegen die Bezahlung mit Bargeld gegenüber anderen Zahlungsmethoden durch Zuschläge benachteiligt wird.
Ausschlaggebend für Weidmanns Vorstoss seien zwei Schlüsselerlebnisse gewesen. «Einmal hätte ich mir fast in die Hose gemacht, als ich beim HB aufs WC gehen wollte, es aber nicht benützen konnte, weil man dort kein Bargeld annahm. Ein anderes Mal verliess ich das Streetfoodfestival mit knurrendem Magen, weil man auch dort nur kontaktlose Zahlungsmittel erlaubte», erzählt Weidmann. Durch die Weigerung, Bargeld anzunehmen, würden gerade ältere, behinderte und sozial benachteiligte Menschen diskriminiert, da diese oft keinen Zugang zu bargeldlosen Zahlungsmitteln hätten. Die Datensicherheit sei durch das störungsanfällige Internet nicht gewährleistet. Und ohne Bargeld könnten Banken und Karteninstitute ihre Marktmacht ausnützen und immer höhere Gebühren für Transaktionen und/oder Verwaltung verlangen.
Während Urech im Gemeinderat beantragt hat, dass sein Postulat gleichzeitig mit der Weisung zu den städtischen Beiträgen an das Kunsthaus behandelt wird, was in rund drei Monaten der Fall sein soll, rechnet Weidmann mit einem Entscheid des Kantonsrats innert der gesetzlichen Frist von sechs Monaten. «Natürlich ist mir klar, dass die Regelung gesetzlicher Zahlungsmittel eigentlich in die Kompetenz des Bundes fällt. Aber es obliegt den Kantonen und Gemeinden, für den öffentlichen Raum und das Betreiben von Gewerben im öffentlichen Raum besondere Regelungen zu erlassen. Im Kanton Genf wurde etwa eine Bargeldannahmepflicht in Restaurants bereits umgesetzt. Ausserdem hätte eine Bargeldannahmepflicht im Kanton Zürich eine Signalwirkung für den Rest der Schweiz.»
Ihre Meinung zum Thema?
echo@tagblattzuerich.ch
Bravo! Es sollte Schweizweit eine Pflicht zur Bargeldannahme bestehen.
H.Zürcher antworten
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