Löwen im Kriechgang
Als Titelverteidiger stehen die ZSC Lions in der Tabelle der National League nach rund einem Drittel der Regular Season nur im Mittelfeld. Eine Analyse mit Lions-Sportchef Sven Leuenberger. - Von Sacha Beuth
Symptomatisch: Die Lions-Spieler um Jesper Fröden verlassen mit ratlosen Gesichtern (hier nach der Niederlage in der Champions Hockey League gegen Tampere) das Eis. Bild: ZSC Lions/B. Stettler
Als Titelverteidiger stehen die ZSC Lions in der Tabelle der National League nach rund einem Drittel der Regular Season nur im Mittelfeld. Eine Analyse mit Lions-Sportchef Sven Leuenberger. - Von Sacha Beuth
Eigentlich hatte die Saison für die ZSC Lions ganz gut begonnen. Mit 4:3 hatte der Titelverteidiger im September die Gäste aus Biel in der heimischen Swiss Life Arena bezwungen. Und auch die folgenden Partien gegen Ajoie und Lugano konnten die Löwen für sich entscheiden. Doch dann musste das Team von Headcoach Marco Bayer gleich vier Niederlagen in Serie einstecken und zeigte sich fortan unbeständig. Vor dem Spiel gegen Lugano (gestern Dienstag nach Redaktionssschluss) steht der ZSC nach gut einem Drittel der Regular Season nur auf Rang 7 und muss eine Schippe drauflegen, um das bei Saisonbeginn anvisierte Ziel – einen Platz unter den ersten Vier zum Playoff-Beginn – zu erreichen. Auch in der Champions Hockey League, wo man ebenfalls als Titelverteidiger antrat, lief es alles andere als rund. Nur mit Glück – genauer der Hilfe von Lausanne mit dem 3:2 gegen Hradec Kralove – erreichten die Lions trotz vier Niederlagen in der Ligaphase die Achtelfinals und treffen dort auf das finnische Team Kalpa Kuopio.
Insgesamt lässt sich nicht wegdiskutieren, dass sich die Löwen eher im Kriechgang statt im Sprung befinden. Doch was sind die Gründe hierfür? Sven Leuenberger, Sportchef der ZSC Lions, hat diese auf mehreren Ebenen ausgemacht: «Einerseits widerspiegeln Resultate und die Tabelle nicht zwingend die Realität, zumindest nicht die ganze. So erspielten wir uns im Vergleich zum letzten Jahr in etwa gleich viele Torchancen. Nur bei der Chancenauswertung happert es. Und dann gingen letzte Saison auch mehr Schüsse ins gegnerische Tor, von denen man dies nicht unbedingt erwarten konnte». Damit verbunden sind laut Leuenberger die vielen Verletzten, die die Lions seit Saisonbeginn immer wieder zu beklagen haben. Insbesondere im Sturm. «Andy Andreoff und Derek Grant haben deswegen bislang je 12 Partien gefehlt und Sven Andrighetto 10. Auch NHL-Rückkehrer Vinzenz Rohrer konnten wir 9 Spiele nicht einsetzen. Dazu fiel zeitweise Dennis Hollenstein wegen Krankheit aus und nun hat sich auch noch Rudolfs Balcers eine Blessur eingefangen und wird 8 bis 10 Wochen fehlen».
Derartig grosse Lücken seien nicht zu füllen. «Einerseits haben wir wie jeder andere Klub nur eine begrenzte Anzahl an Lizenzen zur Verfügung, mit denen wir mit Bedacht umgehen müssen. Und andererseits sind die Jungen zwar bemüht, aber eben noch zu wenig effizient, um die ausgefallen Routiniers ersetzen zu können.» Das könne dann eben in einer Liga wie der National League, bei der die meisten Teams bezüglich Qualität so nahe beieinander liegen, den Unterschied ausmachen.
Eine weitere Problemebene macht Leuenberger im mentalen Bereich aus. «Es ist nicht so, dass sich die Spieler zu wenig ins Zeug legen». Derlei Behauptungen könnten ihn sogar richtig wütend machen. Aber manchmal fehle die letzte Entschlossenheit. «Und wenn Du im Kopf nur zu 95 statt zu 100 Prozent da bist, wirst Du vom Feld gearbeitet».
Der Trainer – sonst oft der erste Kandidat für einen Wechsel wenn es nicht läuft – wird bei den ZSC Lions aktuell nicht in Frage gestellt. «Wir sind immer noch zufrieden mit der Arbeit von Marco», betont Leuenberger. Zumal es auch positive Aspekte zu erwähnen gibt. So glänzt etwa die Verteidigung mit lediglich 37 Gegentoren, was hinter Davos der zweitbeste Wert der Liga ist. «Was es jetzt braucht, ist ein besonderes Erfolgserlebnis. Wir müssen das Glück wieder auf unsere Seite zwingen», ist Leuenberger überzeugt. «Dann geht es wie überall im Leben wieder aufwärts. Und dann erreichen wir auch unsere Ziele. Nur dürfen wir nicht einen Millimeter nachgeben.»
Das interview mit Lars Leuenberger war vor dem Spiel gegen Lugano. Dieses Spiel grenzte an Arbeitsverweigerung. Und wenn die nächsten beiden Spiele gegen Fribourg und gegen Kloten auch noch verloren gehen, dann muss er die Situation nicht mehr schön reden, denn der ZSC war in den letzten 25 Jahren nur erfolgreich, wenn ein Kanadier an der Band stand (Bayer profitierte vom Crawford-Effekt).
Roger antworten
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