Zürich bereit für Legalisierung
Zürich zieht eine positive Bilanz aus dem Cannabis-Pilotprojekt «Züri Can» und will dieses um zwei Jahre verlängern. Insgesamt wurden bereits über 750 Kilogramm Cannabis verkauft. - Von Christian Saggese
Das in der Studie verkaufte Cannabis hat geprüfte Bio-Qualität und stammt von zwei Produzenten. Bild: Stadt ZH
Zürich zieht eine positive Bilanz aus dem Cannabis-Pilotprojekt «Züri Can» und will dieses um zwei Jahre verlängern. Insgesamt wurden bereits über 750 Kilogramm Cannabis verkauft. - Von Christian Saggese
Rund 220 000 Menschen sollen in der Schweiz regelmässig Cannabis konsumieren, allein in Zürich geht man von etwa 13 000 Kiffenden aus. Beachtliche Zahlen, und doch fliesst das Geld derzeit einzig in den Schwarzmarkt, auch eine gesundheitliche Kontrolle ist nicht gegeben. Zwei Gründe, warum derzeit nicht nur wieder von einer Legalisierung gesprochen wird, sondern es durchaus realistisch ist, dass Erwachsene in der Schweiz bald legal Zugang zu Cannabis erhalten. Der Entwurf für ein entsprechendes Bundesgesetz befindet sich derzeit im Vernehmlassungsverfahren; ein Entscheid des nationalen Parlaments wird 2027 erwartet. Sollte eine Legalisierung dann bereits 2028 in Kraft treten, wäre das für den Zürcher Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri der ideale Zeitpunkt: «So könnten unsere Studienteilnehmenden ohne Unterbruch weiterhin legal ihr Cannabis beziehen und wären nicht wieder auf den Schwarzmarkt angewiesen». Der Stadtrat will nämlich das städtische Forschungsprojekt «Züri Can – Cannabis mit Verantwortung», das 2026 abgeschlossen werden sollte, bis 2028 verlängern und beantragt deshalb beim Gemeinderat zusätzliche Mittel von 800 000 Franken.
«Züri can» wurde im August 2023 gestartet und hat zum Ziel, wissenschaftlich zu untersuchen, ob ein regulierter Cannabishandel zu einem risikoärmeren Konsum führt und den Schwarzmarkt eindämmen kann. Begleitet wird das Pilotprojekt von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Teilnehmende der Studie dürfen Cannabis legal in zehn Apotheken, neun Social Clubs – vergleichbar mit niederländischen Coffee Shops, jedoch strenger geregelt – oder im Drogeninformationszentrum erwerben. Das Gras hat Bio-Qualität und stammt von zwei Produzenten aus Fribourg und Aargau. Die Probandinnen und Probanden füllen regelmässig Umfragen zu ihrem Konsumverhalten und zu ihrem Wohlbefinden aus. Im Gegensatz zum illegalen Markt wissen die Kiffer nun genau, welche Qualität ihr Produkt hat und wie hoch der THC-Gehalt ist; bei Bedarf können sie ärztliche Beratung in Anspruch nehmen.
Zwei Jahre nach dem Start des Pilotprojekts wurde am Montag eine erste Bilanz gezogen. So konnten bisher 88 000 Verkäufe mit einer Gesamtmenge von rund 750 Kilogramm Cannabis getätigt werden. «Dem illegalen Markt wurde damit ein Wert von etwa 7,5 Millionen Franken entzogen», rechnet Andreas Hauri vor.
Aktuell nehmen rund 2360 Personen an der Studie teil. Sie sind zwischen 18 und 80 Jahre alt, wobei die 28- bis 32-Jährigen die grösste Gruppe bilden. 79,5 Prozent sind männlich, 19,3 Prozent weiblich und 1,2 Prozent nicht-binär. Die Hälfte konsumiert mehr als vier Joints in der Woche. In den letzten Monaten ist der Anteil an Frauen und Gelegenheitskonsumierenden allerdings gestiegen. Um repräsentativere Daten zu erhalten, genehmigte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Juli eine Erhöhung der Teilnehmendenzahl von 2100 auf 3000. Wer mitkiffen will, muss zuerst zeigen, dass seine psychische und körperliche Gesundheit dafür stabil genug ist. So mussten bereits vor Beginn der Studie 42 Personen ausgeschlossen werden, seither nochmals 36.
Anfangs griffen viele Teilnehmende bevorzugt zu Sorten mit hohem THC-Gehalt. Inzwischen zeige sich laut den Verantwortlichen ein Trend zu milderen Varianten. Auch sei eine anfangs oft erwähnte Befürchtung nicht eingetreten, dass nun plötzlich mehr gekifft werde als früher. Die Probanden geben an, dass ihr Konsum konstant geblieben ist.
Auch die Zufriedenheit mit den legalen Bezugsstellen ist hoch: Das geschulte Personal, die angenehmen Räumlichkeiten und die Bio-Qualität der Produkte werden durchwegs positiv bewertet. Einzig bei der Anonymität sind «nur» 80 Prozent sehr zufrieden und wünschen sich etwas mehr Privatsphäre beim Kauf und Konsum.
Ein besonderes Augenmerk gilt den Social Clubs, deren Erfahrungen auch in die Bundesdebatte einfliessen. Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri: «Die Stadt Zürich ist bereit – jetzt liegt es an Bern.»
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