23.12.2024 16:13
Zoo macht die Forschungsichtbar und erlebbar
Forschung gehörte schon immer zu den Aufgaben des Zoo Zürich, fand aber meist im Hintergrund statt. Mit der am letzten Mittwoch eröffneten Forschungsstation in einem Flügel des Exotariums setzt sie der Tiergarten nun in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. - Von Sacha Beuth
Im Schatten der aktuellen Grossbaustellen Pantanal-Voliere und Panthera war zuletzt beinahe untergegangen, dass der Zoo Zürich noch ein drittes Renovationsprojekt in Arbeit hatte: Die Errichtung einer Forschungsstation in einen Flügel des Exotariums. Am letzten Mittwoch konnte diese nach einer Bauzeit von rund neun Monaten eröffnet werden. Feierlich durchschnitten Zoodirektor Severin Dressen zusammen mit Zoo-Präsident Martin Naville sowie Amag-Besitzer Martin Haefner und seiner Frau Marianne – welche die Kosten von sieben Millionen Franken übernommen hatten – vor zahlreichen Gästen der Zoo- und Wirtschaftswelt das Trennband zu einer besonderen Anlage.
Besonders vor allem deshalb, weil hier «die Forschung für den Besucher sichtbar gemacht wird», wie Dressen bei seiner Eröffnungsrede erklärte. Zwar würde im Zoo Zürich schon seit Ewigkeiten geforscht, meist würden diese Projekte aber eher im Hintergrund ablaufen. «Mit der Forschungsstation stellen wir sie in den Fokus und können die Hauptaufgaben eines Zoos – Artenschutz, Naturschutz, Bildung und eben Forschung – an einem Ort vereinen.»
Exaktes Klima ist A und O
Wo früher Zweizehenfaultiere, Tamanduas, also Kleine Ameisenbären, und Tukane lebten, befinden sich nun sechs Forschungsräume mit den dafür benötigten, teilweise für den Zoo Zürich neuen Arten. Jeder ist einem eigenen Thema gewidmet, das wichtige Erkenntnisse sowohl für die entsprechende Art im Zoo wie in der Natur liefern soll, und wird durch interaktive Elemente «erlebbar» gemacht. Raum 1 etwa beschäftigt sich mit der Frage: «Welches Klima fördert das Paarungsverhalten madagassischer Amphibien und Reptilien?». Laut Dressen können hier dank neuster Technik Temperatur, Luftfeuchtigkeit sowie Licht jederzeit genaustens kontrolliert und als Faktor gegebenenfalls ausgeschlossen werden. Für die dafür notwendigen Installationen musste der Technikbereich im oberen Teil des Gebäudeflügels vergrössert werden. Der nächste Raum erörtert, wie Pfeilgiftfrösche Brutpflege betreiben. «Normalerweise ist bei Pfeilgiftfröschen die Brutpflege Aufgabe der Männchen. Wir haben aber durch Zufall herausgefunden, dass bei der Art Allobates femoralis Weibchen diese Aufgabe übernehmen, wenn das Männchen ausfällt. Nun wollen wir herausfinden, ob dies auch bei anderen Arten, wie etwa dem in Zoo Zürich gehaltenen Goldenen Pfeilgiftfrosch, der Fall ist – und welche genauen Umstände zu diesem Verhalten führen», erzählt Verhaltensbiologin Eva Ringler von der Uni Bern, die in Zusammenarbeit mit dem Zoo Zürich an diesem Projekt forscht. In Raum 3 geht man derweil der Frage nach, wie man über die Erhaltungszucht gewisse lateinamerikanische Froscharten dank technischen Know-hows retten kann. «Denn einige Arten benötigen einen bestimmten Tag-Nacht-Rhythmus oder Temperaturabfall in der Nacht, damit sie in Brutstimmung kommen. Das können wir bei uns nun simulieren», erklärt Dressen.
Raum 4 gibt einen Einblick in einen Blattschneiderameisen-Staat und beschäftigt sich mit dem Thema, wie sich dieser seiner Umwelt anpassen kann. Die Biologie der Türkisblauen Riesenstabschrecke wird in Raum 5 erforscht und in Raum 6 schliesslich lautet die Forschungsfrage: «Wie erhalten wir vom Aussterben bedrohte madagassische Süsswasserfische». Vor allen Räumen werden über Leuchttafeln die einzelnen Projekte erklärt. Zudem wird der Besucher direkt oder indirekt in das jeweilige Thema miteinbezogen. Etwa indem er die Oberfläche eines Fischleibs erfühlen oder die unterschiedliche Körpertemperatur eines Frosches am Tag und in der Nacht erfahren kann. Der Höhepunkt der interaktiven Installation dürfte jedoch die Waage sein, die entsprechend dem eigenen Körpergewicht anzeigt, welches Tier man stemmen könnte, wenn man die Kräfte einer Blattschneiderameise hätte.
Weitere Infos:
www.zoo.ch/de/zoonews